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OGH als KOG: „Durchführung“ eines Zusammenschlusses

Nach dem Kartellgesetz darf ein anmeldebedürftiger Zusammenschluss erst dann „durchgeführt“ werden, wenn die Amtsparteien auf einen Prüfungsantrag verzichtet bzw. einen solchen Antrag nicht gestellt haben. Eine Legaldefinition des Begriffs „Durchführung“ enthält das Gesetz allerdings nicht. Der OGH als Kartellobergericht hat sich nun dazu geäußert.
Von Redaktion
15. Januar 2018

Definition „Durchführung“

Der Senat des Obersten Gerichtshofs (OGH) hält jene Auffassung im Schrifttum für überzeugend, die die „Durchführung“ eines Zusammenschlusses bereits mit der Möglichkeit der Einflussnahme einsetzen lässt.

Ein Zusammenschluss in Form eines Unternehmens-, Rechts- oder Anteilserwerbs wird daher schon dann „durchgeführt“ (§ 17 Abs 1 KartG 2005), wenn der Zusammenschlusstatbestand so weit verwirklicht ist, dass er dem Erwerber die Möglichkeit der wirtschaftlichen Einflussnahme eröffnet. Auf den Zeitpunkt der ersten tatsächlichen Einflussnahme kommt es in diesem Zusammenhang hingegen nicht an.

Keine Geldbuße nötig, da kein „strafwürdiges Verhalten“ erkennbar

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin zwar gegen das Durchführungsverbot verstoßen, indem sie die Annahme ihres Übernahmeangebots nicht sofort nach Kenntnis der Annahmeerklärung als Zusammenschlussvorhaben bei der Bundeswettbewerbsbehörde angemeldet hat. Der OGH (OGH als KOG, 7. 12. 2017, 16 Ok 2/17f) stimmt dem Kartellgericht allerdings darin zu, dass kein „strafwürdiges Verhalten“ vorliegt, da das Verschulden geringfügig, die die Folgen der Übertretung unbedeutend und eine Bestrafung weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen erforderlich war:

  • Als die Antragsgegnerin das Übernahmeangebot abgab, bestand im Hinblick auf die Umsatzschwellen keine Notwendigkeit, ihr Offert unter die Bedingung einer kartellrechtlichen Erlaubnis zu stellen.

  • Das Übernahmeangebot wurde rund ein Jahr später tatsächlich angenommen.

  • Die Antragsgegnerin wurde davon aber erst unmittelbar vor dem Formalakt informiert und hatte daher kaum Vorbereitungs- und Reaktionszeit. Außerdem wurde die Anmeldung zum Firmenbuch von den Rechtsvertretern der Verkäuferin betrieben und war daher für die Antragsgegnerin nicht unmittelbar zeitlich kontrollierbar.

  • Es bedurfte zeitaufwändiger Nachforschungen, ob das Zusammenschlussvorhaben in Bezug auf die erreichten Umsatzschwellen überhaupt anmeldepflichtig war. Dies führte insgesamt dazu, dass die Anmeldung erst rund sechs Wochen nach dem Zugang der Annahmeerklärung und etwa zwei Wochen nach der Eintragung der Änderung im Firmenbuch erfolgte.

  • Im Hinblick auf die unklare Rechtslage verzichtete die Antragsgegnerin freiwillig und ausdrücklich darauf, vor der Freigabe des Zusammenschlussvorhabens eine Einflussnahme (entsprechend den neuen Beteiligungsverhältnissen) auf die Zielgesellschaft auszuüben.

  • Der Zusammenschluss war im Ergebnis wirtschaftlich von so untergeordneter Relevanz, dass er von beiden Amtsparteien ohne weiteres „durchgewinkt“ wurde.

Angesichts dieser besonderen Umstände des Einzelfalls geht auch der OGH von einem äußerst geringen Verschulden der Antragsgegnerin aus, die Folgen der nur geringfügig verspäteten Anmeldung fallen nicht ins Gewicht und es besteht aus spezialpräventiver Sicht keinerlei Notwendigkeit einer Geldbuße.

Quelle: LexisNexis Rechtsredaktion

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