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OGH: Wann entfällt die Zahlungsgarantie eines Kreditkartenunternehmens?

In einem Lokal konsumierte ein Kunde Leistungen für 26.000 Euro. Die Bezahlung erfolgte mit Kreditkarte, ohne dass jedoch eine Kontodeckung bestand. Eine Sicherheitslücke im Zahlungssystem machte den Betrug möglich. Trotzdem kann das Lokal den Verlust nicht beim Kreditkartenunternehmen einklagen, wie jetzt der Oberste Gerichtshof entschieden hat.
Von Redaktion
17. September 2013

Dem Gast eines Lokals gelang es mehrmals, mit seiner Kreditkarte Leistungen in Höhe von Sage und Schreibe 26.000 Euro zu bezahlen, ohne dass eine entsprechende Kontodeckung bestand. Möglich wurde dies durch eine Sicherheitslücke im Zahlungssystem, weshalb die Betreiberin des Lokals das Kreditkartenunternehmen auf Rückzahlung und Schadenersatz klagte.

Erfolglos: Der OGH (OGH 23. 7. 2013, 10 Ob 23/13z) wies die Klage ab und stellte die Entscheidung des Erstgerichts wieder her. Denn nach den AGB des beklagten Kreditkartenunternehmens ist dessen Zahlungsgarantie u.a. an die Voraussetzung gebunden, dass Vertragsunternehmen bei Annahme der Kreditkartenzahlung präzise Abwicklungsrichtlinien einzuhalten haben.

„Bitte anrufen“

Diese Richtlinien sehen vor, dass sich der mit der Zahlung befasste Mitarbeiter die Kreditkarte übergeben lässt und das Zahlungsterminal selbst bedient. Ist das Kontolimit des Kunden überschritten, erscheint auf dem Display die Aufforderung „Bitte anrufen“. Nach Rücksprache mit dem Kreditkartenunternehmen kann die Transaktion nur dann fortgesetzt werden, wenn ein Genehmigungscode bekannt gegeben wird. Auch dieser Genehmigungscode wird vom Mitarbeiter in das Terminal eingegeben. Nur bei Transaktionen, die eine Eingabe des PIN-Codes der Karte erfordern, wird der Kunde zu dieser Eingabe an das Terminal gelassen.

Soweit die klaren Regeln. Tatsächlich überließ die Klägerin dem Gast das Terminal von vornherein zur Bedienung, obwohl die Eingabe des PIN-Codes der Karte nicht erforderlich war. So war es ihm möglich, die Aufforderung „Bitte anrufen“ am Display zu verbergen und selbst frei erfundene Genehmigungscodes einzugeben. Das System war so programmiert, dass an dieser Stelle jeder beliebige Code akzeptiert wurde. Auf den in der Folge vom Terminal ausgedruckten Zahlungsbelegen erschien deshalb der Vermerk „Zahlung erfolgt“ auf.

Verstoß gegen Richtlinien

Das beklagte Kreditkartenunternehmen weigerte sich, der Klägerin die Zahlungen gutzuschreiben. Der mittlerweile mittellose Kreditkartenkunde habe keine Zahlung geleistet. Da sich die Klägerin nicht an die Abwicklungsrichtlinien gehalten, sondern das Terminal dem Kunden zur Bedienung überlassen habe, sei die Zahlungsgarantie ihr gegenüber entfallen. Gegen diese Rechtsansicht wandte sich die Klägerin und begehrte von der Beklagten Zahlung bzw. Schadenersatz.

Wie gesagt ohne Erfolg. Der OGH stellte fest, dass eine über die eindeutigen Verhaltensregeln hinausgehende Aufklärung über Missbrauchsgefahren vom Kreditkartenunternehmen nicht zu verlangen sei. Dieses sei also nicht verpflichtet, den Vertragshändler konkret vor einer Missbrauchsgefahr zu warnen, die bei Nichteinhaltung der eindeutig formulierten Abwicklungsregeln bestehe, selbst wenn sich diese Gefahr erst aus einer nicht zu erwartenden Sicherheitslücke im Abwicklungssystem des Kreditkartenunternehmens ergebe.

(LexisNexis Rechtsredaktion/ KP)

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