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Urteil: Luftfrachtführer-Haftung für verlorenes Gepäck ist Wiederbeschaffungswert

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat einen Prozess gegen Last Minute Restplatzreisen mit Sitz in Baden-Baden gewonnen. Bei Ersatzansprüchen für verlorenes Fluggepäck ist demnach der Wiederbeschaffungswert heranzuziehen und nicht der Verkehrswert. Kaufpreise auf eBay gelten nicht als Maßstab. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Von Redaktion
29. Dezember 2010

Ein klassisches Urlaubsübel: Passagier und Fluggepäck treffen nicht zeitgleich am Bestimmungsort ein oder ein Gepäckstück geht verloren. Fluglinien oder Reiseveranstalter versuchen, sich durch mannigfaltige Argumente aus der Haftung zu stehlen. Dies obwohl Luftfrachtführer bei verlorenem Fluggepäck unbestritten nach dem Montrealer Übereinkommen bis zu einem Höchstbetrag von 1.142 Euro haften.

In einem Musterprozess des VKI stellten Sachverständige und die Richterin klar: Der Wert verlorener Gebrauchsgegenstände darf nicht nach dem durchschnittlichen Erlös von eBay-Versteigerungen bewertet werden. Wenn eine Sache keinen Verkehrswert hat, dann ist der Wiederbeschaffungswert heranzuziehen.

Die Vorgeschichte

Im Sommer 2008 hatte eine Konsumentin bei einem deutschen Last Minute-Anbieter eine Flugreise von Wien nach Sardinien gebucht. Ausführende Fluglinie war Meridiana. In einer Sporttasche, die als Gepäck aufgegeben wurde, hatte die Touristin typische Urlaubsutensilien: Kleidung, Kosmetika, Bücher und elektronische Geräte. Bei der Ankunft war die Tasche verschwunden und tauchte während des gesamten Urlaubs und auch danach nicht mehr auf. Die Konsumentin verlangte Schadenersatz und erhielt nach zahlreichen Interventionen und einem halben Jahr lediglich 68 Euro ersetzt.

Klage und Haftung

Die Konsumentin trat ihre Ansprüche dem VKI ab, der sowohl den Reiseveranstalter als auch die Fluglinie auf Schadenersatz klagte. Der VKI erhielt Recht: Die Rechnungsweise von Last Minute Restplatzreisen, von einem gänzlich geringfügigen Kaufpreis am eBay Markt als Wiederbeschaffungswert auszugehen, wurde abgelehnt. Insbesondere bei den verloren gegangenen, gebrauchten Kosmetikartikeln sowie Gegenständen der persönlichen Hygiene, wies die Sachverständige daraufhin, dass für solche Gegenstände kein Markt bestehe, weil derartige Gegenstände nicht gebraucht angekauft werden können. Nach zwei Jahren Prozess bekommt die Geschädigte nun 1.074 Euro zugesprochen.

Dazu Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI: „Das Verfahren zeigt, dass man vor Gericht in der Regel weit mehr durchsetzen kann, als einem zuvor angeboten wird.“ Die Unternehmen versuchten sich jedoch häufig aus der Haftung zu stehlen, da sie wüssten, dass sich Konsumenten ohne Rechtsschutzversicherung eine Rechtsdurchsetzung kaum leisten könnten.

Mag. Manuela Taschlmar

Autoren

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