OGH: Gilt Kündigungsschutz für einen als Geschäftsführer in die Konzerntochter entsandten Mitarbeiter ?
27. Oktober 2013
Im vorliegenden Fall war der Kläger in der beklagten österreichischen Konzern-Muttergesellschaft als Regionalleiter für die Region Ost angestellt und wurde mit der Geschäftsführung bei der tschechischen Konzerntochter betraut. Diese Beauftragung konnte laut Dienstvertrag vom Arbeitgeber jederzeit widerrufen werden.
Bestimmte Maßnahmen in Tschechien mussten von der Muttergesellschaft genehmigt werden, u.a. die Aufnahme von leitenden Angestellten, Geschäftsführern und Prokuristen sowie Investitionen ab einem gewissen Betrag. Bei der Muttergesellschaft hatte der Kläger kein klar definiertes Aufgabengebiet und war in deren Organisation nicht eingebunden. Er erhielt von ihr auch keinerlei Anweisungen und Vorgaben und hatte keine Anwesenheitspflicht in deren Büro. Der Kläger wurde jedoch so wie alle Geschäftsführer von Ländergesellschaften regelmäßig von Mitarbeitern des Konzerns zu gewissen Schwerpunktthemen hinzugezogen.
Am 1. 6. 2012 wurde der Kläger von der Beklagten entlassen und am 19. 7. 2012 eventualiter zum 30. 11. 2012 gekündigt. Dagegen klagte er auf Feststellung, dass die Entlassung und die Kündigung rechtsunwirksam seien.
Strittig ist, ob dem Kläger der arbeitsverfassungsrechtliche Entlassungs- und Kündigungsschutz zusteht, oder ob er aufgrund seiner Organstellung bei der tschechischen Tochter bzw. als leitender Angestellter vom Anwendungsbereich des II. Teils des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG) ausgenommen ist.
Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht hob die Entscheidung zur Verfahrensergänzung auf. Diesem Aufhebungsbeschluss des BerufungsG stimmte der OGH zu und stellte fest: Wird ein Arbeitnehmer einer Konzerngesellschaft als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft eingesetzt, kann ihm der allgemeine Kündigungsschutz nicht alleine aufgrund seiner formalen Organstellung bei der Tochtergesellschaft versagt werden.
Vielmehr muss geprüft werden, ob und inwieweit dem Arbeitnehmer mit der arbeitsvertraglichen Beauftragung zur Übernahme der Geschäftsführung der Tochtergesellschaft die tatsächliche Betriebsführungsbefugnis für diese übertragen wurde. Verfügt der Arbeitnehmer aufgrund des Dienstvertrages faktisch über keine Entscheidungskompetenzen innerhalb der Tochtergesellschaft, kommen die Bestimmungen des II. Teiles des ArbVG über den allgemeinen Kündigungsschutz zur Anwendung.
Verfügt der Arbeitnehmer jedoch über diese Kompetenzen, dann ist die Organstellung als Ausschlussgrund iSd § 36 Abs 2 Z 1 ArbVG zu werten.
(Quelle: LexisNexis Rechtsredaktion/ KP)
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