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Möbel-Kopien in Hotelhalle – Eingriff in das Verbreitungsrecht?

Der Oberste Gerichtshof hat eine Klarstellung der Rechtslage im Urheberrecht vorgenommen.
Von Redaktion
19. Juli 2016

Sachverhalt

Die beklagte Partei betreibt als Pächterin ein Hotel. Die (damalige) Verpächterin hatte 24 Fauteuils mit Stahlrohrgestell in der Hotellobby aufstellen lassen, die Ähnlichkeiten mit dem Fauteuil LC2 von Le Corbusier aufweisen. Diese Möbel stehen im Eigentum der nunmehrigen Verpächterin. Die Beklagte hat die Möbel weder erworben noch deren Aufstellung veranlasst.

Die Rechtsnachfolger der Urheber der Corbusier-Möbel räumten der klagenden Partei das exklusive Recht ein, die Möbel dieser Serie herzustellen und zu verkaufen.

Die Klägerin begehrte zuletzt, der beklagten Partei zu untersagen, Vervielfältigungsstücke oder Bearbeitungen des Corbusier-Fauteuils LC2 zu verbreiten (1. Unterlassungsbegehren) und der Öffentlichkeit Fotos davon in einem Magazin und im Internet zur Verfügung zu stellen (2. Unterlassungsbegehren).

Entscheidung

Dazu hat der OGH, abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung und dem Urteil des EuGH vom 17. April 2008 in der Rechtssache C-456/06 folgend entschieden:

  1. Der Urheber hat gem § 16 Abs 1 UrhG (Verbreitungsrecht) das ausschließliche Recht, Werkstücke zu verbreiten: Ohne seine Einwilligung dürfen Werkstücke „weder feilgehalten noch auf eine Art, die das Werk der Öffentlichkeit zugänglich macht, in Verkehr gebracht werden“. Nach der EuGH-Rechtsprechung setzt eine derartige Verbreitungshandlung eine Übertragung des Eigentums an dem Gegenstand voraus. Sind in einer – öffentlich zugänglichen – Hotellobby Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Möbelstücke aufgestellt, so liegt darin mangels Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen kein Eingriff in das Verbreitungsrecht des Urhebers.

  2. Nach § 18a Abs 1 UrhG (Zurverfügungstellungsrecht) hat der Urheber das ausschließliche Recht, „das Werk der Öffentlichkeit drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist“. § 18a UrhG beschränkt das Zurverfügungstellungsrecht nicht auf bestimmte Werkkategorien oder auf zweidimensionale Werke. Der Senat vertritt die Ansicht, dass durch ein im Internet veröffentlichtes Foto, auf dem die Nachbildung des geschützten Sofas klar zu erkennen ist, das Werk mit seinem künstlerischen Wert Dritten zur Verfügung gestellt und damit in das Recht des Urhebers nach § 18a UrhG eingegriffen wird. Dass es sich bei den im Internet gezeigten Möbelstücken um Nachahmungen und nicht um das Originalwerk handelte, schließt eine Verletzung nach § 18a UrhG nicht aus.

Weblink

Volltext der Entscheidung (OGH 20. 4. 2016, 4 Ob 61/16y)

(Quelle: LexisNexis Rechtsredaktion)

Autoren

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