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Mindesthaltbarkeitsdatum und andere Garantien

Anders als Lebensmittel nach Ablauf der "Verwendbar bis"-Frist sind Forderungen nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr "genießbar". Umso bedeutender ist daher, wann genau die Verjährungsfrist begonnen hat. Dazu ein Rezept aus der Küche des OGH - betreffend eine Bankgarantie. 
Von Mag. Barbara Tuma
24. Februar 2011

Folgende Zutaten hatte der OGH dabei zur Verfügung:

Ein Bauherr hatte einen Generalunternehmer mit der Errichtung einer Lagerhalle beauftragt und der Generalunternehmer betraute seinerseits einen Subunternehmer mit der Erstellung der haustechnischen Anlage samt Klimaanlage. Hinsichtlich allfälliger Mängel hatten Bauherr und Generalunternehmer einen Haftrücklass vereinbart. Nach Fertigstellung und Übergabe des Gebäudes stellte der Generalunternehmer dem Auftraggeber eine Bankgarantie über den Haftrücklass zur Verfügung, damit ihm der volle, nicht um den Haftrücklass geminderte Werklohn ausbezahlt wird. Als Gewährleistungsfrist waren drei Jahre ab Übergabe des Bauwerks vereinbart.

Nachdem der Bauherr bereits zwei Jahre nach Fertigstellung der Lagerhalle den Ausfall von Kühlregistern (Wasseraustritte) beanstandet hatte, rief er weitere zehn Monate später die Garantiesumme ab und ließ die Mängel an der Anlage beheben. Der Generalunternehmer forderte den vom Bauherrn eingezogenen Garantiebetrag weder gänzlich noch teilweise zurück. Mit  der vorliegenden Klage versuchte er jedoch, bei seinem Subunternehmer Regress zu nehmen.

Vor dem OGH war im Wesentlichen die Frage strittig, ob die geltend gemachten Ansprüche des Generalunternehmers gegen den Subunternehmer bereits verjährt sind oder nicht.

Zunächst hatte er OGH herauszufiltern, welche Art von Ansprüchen hier überhaupt geltend gemacht wurde:

  • Unabhängig von den vertraglichen Rechte, Pflichten und Ansprüchen zwischen Generalunternehmer und Auftraggeber (Bauherr), hat der Generalunternehmer gegen seinen Subunternehmer eigene Ansprüche auf mängelfreie Werkerstellung; überdies hat er allenfalls eigene Schadenersatzansprüche gegen den Subunternehmer wegen Verletzung der vertraglichen Pflichten aus dem Subwerkvertrag.

  • Davon zu unterscheiden ist der Regressanspruch des Generalunternehmers gegen den Subunternehmer, der sich darauf gründet, dass der Besteller (Bauherr, Auftraggeber) den Generalunternehmer für mangelhafte Leistungen des Subunternehmers ("Erfüllungsgehilfe" des Generalunternehmers) in Anspruch genommen hat. Allfällige Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche des Generalunternehmers gegen den Subunternehmer schließen dabei etwaige derartige Regressansprüche nicht aus.

  • Im vorliegenden Fall hat der Generalunternehmer sehr wohl auch solche Regressansprüche geltend gemacht, indem er vorgebracht hat, dass er dem Bauherrn zu Gewährleistung und Schadenersatz verpflichtet sei und darauf bereits eine bestimmte Summe dadurch habe leisten müssen, dass der Bauherr die Bankgarantie abgerufen habe.

Die Bankgarantie und deren Abruf durch den Bauherrn waren hier genau die Knackpunkte:

Voraussetzung für das Entstehen des Regressanspruchs ist nämlich nicht der Schadenseintritt oder die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch den geschädigten Dritten (Bauherrn), sondern die Zahlung des Generalunternehmers an den Bauherrn; dies gilt auch dann, wenn der Regressanspruch gleichzeitig Schadenersatzcharakter hat. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Generalunternehmer schon mehr als drei Jahre vor Erhebung der Regressklage Kenntnis davon hatte, dass der Subunternehmer den Subwerkvertrag verletzt hat.

Der Abruf der Bankgarantie durch den Bauherrn allein hat die Verjährungsfrist für die Regressforderung des Generalunternehmers gegen seinen Subunternehmer aber auch noch nicht in Gang gesetzt: Es gehört nämlich zum Wesen einer Garantie, dass bei ihrer Inanspruchnahme die Frage der endgültigen materiellen Berechtigung erst im Nachhinein geprüft wird. Die Garantieleistung hat vorläufigen Charakter und die Zahlung wird erst dann zu einer endgültigen, wenn der Kausalschuldner (hier: der Generalunternehmer) dies ausdrücklich oder schlüssig zugesteht.

Für den Verjährungsbeginn war hier somit jener Zeitpunkt maßgebend, in dem der Generalunternehmer (erstmals) ausdrücklich oder konkludent erklärt hat, die geleistete Garantiezahlung als Ersatz für die Kosten der Mängelbehebung zu werten. Dazu fehlten im vorliegenden Verfahren allerdings noch Feststellungen, sodass die Rechtssache wieder an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung zurückverwiesen wurde.

Autoren

Barbara Tuma

Mag. Barbara Tuma

Mag. Barbara Tuma ist seit mehr als dreißig Jahren als juristische Fachredakteurin in der LexisNexis-Redaktion tätig. Bei ihrer Arbeit erhält sie – in allen Rechtsbereichen – Einblick in die neuest...