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Markthallen-Betreiber muss Markenrechtsverletzungen abstellen

Der Betreiber einer Markthalle kann dazu gezwungen werden, von Händlern begangene Markenrechtsverletzungen abzustellen. Die in diesem Sinne erlassenen gerichtlichen Anordnungen unterliegen denselben Bedingungen wie jene für Betreiber von Online-Marktplätzen. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden.
Von Redaktion
11. Juli 2016

Sachverhalt

Die Gesellschaft Delta Center ist Mieterin der Prager Markthallen und vermietet die dortigen Verkaufsflächen an Händler. Mehrere Hersteller und Vertreiber von Markenerzeugnissen haben festgestellt, dass Fälschungen ihrer Erzeugnisse in den Prager Markthallen verkauft wurden. Sie beantragten daher bei den tschechischen Gerichten, Delta Center aufzugeben, die Vermietung der Verkaufsflächen in diesen Hallen an Personen, die solche Verstöße begangen haben, zu beenden. Die Richtlinie über geistiges Eigentum ermöglicht es Markeninhabern nämlich, gerichtlich gegen Mittelspersonen vorzugehen, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung ihrer Marken in Anspruch genommen werden.

Die Markeninhaber sind der Auffassung, dass der Betreiber eines physischen Marktplatzes ebenso wie Betreiber von Online-Marktplätzen, um die es im Urteil L’Oréal ging, gemäß der Richtlinie gerichtlich dazu gezwungen werden kann, die von den Händlern begangenen Markenrechtsverletzungen abzustellen und Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Verstöße zu ergreifen. Der Oberste Gerichtshof der Tschechischen Republik hat den EuGH nun gefragt, ob dies tatsächlich so ist.

Entscheidung

In seinem Urteil vom 7. Juli 2016 stellt der Gerichtshof fest, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der Dritten eine Vermietungs- oder Untervermietungsdienstleistung von Flächen auf einem Marktplatz anbietet und so diesen Dritten die Möglichkeit bietet, dort gefälschte Waren feilzubieten, als „Mittelsperson“ im Sinne der Richtlinie qualifiziert werden muss. Ob die Zurverfügungstellung von Verkaufsstellen einen Online-Marktplatz oder einen physischen Marktplatz betrifft, ist dabei nicht von Bedeutung. Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist nicht auf den elektronischen Handel beschränkt.

Folglich kann auch der Betreiber eines physischen Marktplatzes dazu gezwungen werden, von Händlern begangene Markenrechtsverletzungen abzustellen sowie Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Verstöße zu ergreifen.

Die entsprechenden gerichtlichen Anordnungen müssen aber, so der EuGH, wie im Fall eines Online-Marktplatzes nicht nur wirksam und abschreckend, sondern auch gerecht und verhältnismäßig sein. Sie dürfen folglich nicht übermäßig kostspielig sein und auch keine Schranken für den rechtmäßigen Handel errichten. Auch kann von der Mittelsperson keine generelle und ständige Überwachung ihrer Kunden verlangt werden.

Hingegen kann die Mittelsperson gezwungen werden, Maßnahmen zu treffen, die dazu beitragen zu vermeiden, dass erneute derartige Verletzungen durch denselben Händler auftreten.

Weblink

Volltext des Urteils (Rechtssache C-494/15)

(Quelle: EuGH)

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Redaktion

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