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Befangenheit eines Schiedsrichters

Stellt sich die mögliche Befangenheit eines Schiedsrichters erst heraus, nachdem der Schiedsspruch bereits gefällt wurde, kann der Schiedsrichter nicht mehr „abgelehnt“ werden. Das stellt eine neue Entscheidung des OGH klar – lässt dabei aber eine wichtige andere Frage offen.
Von Redaktion
02. März 2011

Schiedsverfahren erfreuen sich weltweit großer Beliebtheit.  Mit einem Schiedsverfahren können vermögensrechtliche Streitigkeiten außergerichtlich geregelt werden. Vorteile dieses Verfahrens gegenüber dem gerichtlichen Verfahren sind ua, dass die Streitigkeiten rasch und – aufgrund des Ausschlusses der Öffentlichkeit – diskret entschieden werden und spezialisierte, von den Parteien gewählte Schiedsrichter tätig sind.

Diese Vorteile haben aber auch ihren „Preis“: Für das Schiedsverfahren kommen teilweise andere Regeln zur Anwendung als im gerichtlichen Verfahren und ein Schiedsspruch wirkt grundsätzlich so wie ein bereits rechtskräftiges Urteil, dh er kann nur unter ganz bestimmten, eingeschränkten Voraussetzungen durch eine „Klage auf gerichtliche Aufhebung“ bekämpft werden.

Ein vor Kurzem vom Obersten Gerichtshof entschiedener Fall zeigt nun das Problem auf, was zu tun ist, wenn eine Partei einen Schiedsrichter für  befangen hält. Zunächst können die Streitparteien vorab vereinbaren, wie sie in einem solchen Fall vorgehen wollen. Haben sie keine Vereinbarung getroffen, sieht die Zivilprozessordnung vor, dass die Ablehnungsgründe innerhalb von vier Wochen schriftlich beim Schiedsgericht geltend zu machen sind. Bei einer negativen Entscheidung darüber kann die Partei in weiterer Folge mit einem „Ablehnungsantrag“ das ordentliche Gericht anrufen.

Im vorliegenden Fall war allerdings erst nach Fällung des Schiedsspruchs nachträglich hervorgekommen, dass einer der Parteienvertreter vor Jahren in der Kanzlei eines Schiedsrichters tätig gewesen war und dass dieser Schiedsrichter auch Mitglied im Aufsichtsrat einer Großmuttergesellschaft einer der Streitparteien war.

Ob ein erst nach Fällung des Schiedsspruchs hervorgekommener Ablehnungsgrund auch mit einem Ablehnungsantrag vor dem ordentlichen Gericht geltend gemacht werden kann, war bis jetzt fraglich.  Dazu hat der Oberste Gerichtshof nun ausdrücklich Stellung genommen  (6Ob228/10p) und klargestellt:

Nach Fällung eines Schiedsspruchs kommt ein Ablehnungsverfahren nicht mehr in Frage, weil mit dem Schiedsspruch das Schiedsverfahren und auch das Amt der Schiedsrichter grundsätzlich beendet sind. Allein deswegen kann das ordentliche Gericht also nicht angerufen werden.

Offen geblieben ist in dieser Entscheidung jedoch, ob solche Ablehnungsgründe in einem Aufhebungsverfahren geltend gemacht werden können. Im vorliegenden Fall hatte die Partei nämlich gleichzeitig mit ihrem Ablehnungsantrag beim Gericht auch eine Klage auf gerichtliche Aufhebung des Schiedsspruchs eingebracht – eine Klärung ihrer Chancen in diesem zweiten Verfahren wäre ihr also sehr gelegen gekommen. Darauf konnte der OGH hier aber nicht eingehen, gab allerdings einen zarten Hinweis auf die deutsche Rechtsprechung, nach der nachträglich hervorgekommene Ablehnungsgründe auch im Aufhebungsverfahren nur ausnahmsweise geltend gemacht werden können, und zwar wenn ein besonders schwerwiegender und eindeutiger Fall von Befangenheit vorliegt.

Auch für Österreich geht aus den relativ wenigen bisher entschiedenen Anfechtungsklagen jedenfalls hervor, dass eine Anfechtung nur bei wirklich schwerwiegenden  (Verfahrens-)Fehlern erfolgreich sein kann (vgl 7 Ob 265/02z).

Eines ist jedoch jedenfalls schon geklärt: Ein Schiedsrichter ist verpflichtet, von sich aus den Parteien des Schiedsverfahrens bzw dem Schiedsgericht vor seiner Bestellung Gründe für seine Befangenheit bekannt zu geben. Macht er dies nicht, verliert er seinen Honoraranspruch (6 Ob 207/06v).

(LexisNexis-Redaktion)

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