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33. Netzwerktreffen: „Der korrupte Mensch“

Am 24. Oktober erlebten die rund 100 Besucher des 33. Compliance Netzwerktreffens einen packenden Vortrag zum „Dunkelfelddelikt“ Korruption aus psychologischer Perspektive.
Von Redaktion
28. Oktober 2019 / Erschienen in Compliance Praxis 4/2019, S. 46

Welche Menschen stecken eigentlich hinter den Kürzeln, die wir in Gerichtsreportagen über Fälle von White Collar Crime lesen? Wie kam es, dass „Abteilungsleiter Andreas S.“ in Bulgarien bestochen hat, warum hat „Buchhalterin Barbara M.“ Gelder unterschlagen? Welche organisatorischen und gesellschaftlichen Bedingungen begünstigen Korruption? Solche und ähnliche Fragen beschäftigen Angelika Schäffer, die auf dem 33. Compliance Netzwerktreffen bei Austrian Standards spannende Einblicke unter dem Titel „Der korrupte Mensch“ bot. Das Interesse am Thema war groß. Susanne Mortimore von LexisNexis und Martin Eckel, Partner der Kanzlei Taylor Wessing und Mitveranstalter des Abends, durften knapp 100 Teilnehmer begrüßen.

V.l.n.r.: Eva Steininger, Austrian Standards; Angelika Schäffer; Susanne Mortimore, LexisNexis; Martin Eckel, Taylor Wessing, © LexisNexis
V.l.n.r.: Eva Steininger, Austrian Standards; Angelika Schäffer; Susanne Mortimore, LexisNexis; Martin Eckel, Taylor Wessing

Ein neues Forschungsfeld

Angelika Schäffer hat ihre Laufbahn im Polizeidienst begonnen, in der Folge Psychologie studiert und sich mit Risikomanagement beschäftigt; eine ungewöhnliche Kombination, aber „die Elemente passen zusammen“, wie die Vortragende anmerkte. Gerade für die Prävention von Fehlverhalten und damit für das Compliance-Management könnte die psychologische Korruptionsforschung nützliche Erkenntnisse liefern. Allerdings steckt dieser Forschungszweig noch in den Kinderschuhen und hat zudem mit einigen methodischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Eine davon ist, dass Korruption ein „opferloses Delikt“ darstellt, klammert man juristische Personen oder „die Gesellschaft“ als Geschädigte einmal aus. Das bedingt, dass schätzungsweise nur zehn Prozent aller Fälle von Korruption überhaupt ans Licht kommen und damit auch wenig Grundlage für deren Beforschung vorhanden ist. Doch selbst wenn illegale Handlungen aufgedeckt werden, hätten die Täter oft wenig Lust, über ihre Motivation zu sprechen, so die Vortragende – anders als etwa Mörder, die häufig bereitwillig über ihre Untaten Auskunft geben. Schwierige Voraussetzungen also, um wissenschaftliches Licht ins „Dunkelfeld“ Korruption zu bringen. Einige valide Methoden, um mehr über den „korrupten Mensch“ zu erfahren, gibt es aber dennoch, beispielsweise die Beobachtung von einschlägigen Gerichtsverfahren.

Krisen, Gier, Gelegenheit

Dort kommen von Beschuldigten sogenannte „Rationalisierungen“ wie das sprichwörtliche Amen im Gebet, ganz nach dem Motto: „Nach 20 Jahren Dienst am Unternehmen habe ich mir einen ‚Bonus‘ verdient!“ Auch profane Mechanismen wie Gier und Machtwillen spielen eine Rolle, genauso wie persönliche Krisen oder Schulden. Den „typischen Täter“ zu beschreiben, falle der Forschung dennoch schwer, führte Schäffer aus. Die gängige Formel „40 Jahre alt, in verantwortlicher Position, lange Unternehmenszugehörigkeit, intelligent“ treffe nicht immer zu. Auch die Aussage, dass Frauen weniger korruptionsaffin als Männer seien, hat nach Ansicht der Vortragenden eher damit zu tun, dass Frauen seltener Verfügungsgewalt über Finanzmittel und damit Gelegenheiten zu Malversationen haben, als dass sie die „besseren Menschen“ wären. Wirklich evidenzbasierte Daten dazu gibt es laut Schäffer nicht.

Prävention

Vorbeugende Compliance-Maßnahmen können am ehesten auf organisatorischer Ebene im Unternehmen ansetzen: Klare Vorgaben wie das Mehraugenprinzip bei der Freigabe von Finanzmitteln, die eindeutige Verteilung von Verantwortlichkeiten (im Gegensatz zur „Rollendiffusität“), die Förderung einer „sauberen“ Unternehmenskultur sind nur einige wichtige Elemente. Gegen gesamtgesellschaftliche Faktoren wie „Normenflut“, Werteverfall oder „soziale Bewährtheit“ können freilich auch Compliance Officer wenig ausrichten. Eine der zahlreichen Wortmeldungen im Anschluss der Diskussion zeigte, dass zumindest in Bezug auf „soziale Bewährtheit“ Österreich doch noch recht gut dasteht. Eine Teilnehmerin berichtete, dass in Ägypten der „Bakschisch“ in die alltäglichen Besorgungen, von der Taxifahrt bis zum Amtsweg, von vornherein fest eingerechnet wird.

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