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Sturz beim Buffet: OGH zur Haftung eines Reiseveranstalters

Ein Reiseveranstaltungsvertrag umfasst als Nebenpflicht auch eine Schutzpflicht für die körperliche Sicherheit des Kunden. Ein Reiseveranstalter muss für ein allfälliges Verschulden des örtlichen Hotelanbieters als seines Erfüllungsgehilfen einstehen.
Von Redaktion
12. März 2017

Sachverhalt

Die Klägerin buchte bei der beklagten Reisegesellschaft eine Busreise mit Unterbringung und Frühstück in einem Hotel. Am Morgen des dritten Tages ging sie zum Frühstücksbuffet und stieg, während sie am Buffet entlang ging, auf ein am Boden liegendes Stück grünen Paprika, das sie vorher nicht gesehen hatte. Sie rutschte darauf aus, fiel rücklings auf den Boden und verletzte sich.

Die Klägerin begehrte vom beklagten Reiseveranstalter (unter Anrechnung eines eigenen Verschuldens von einem Drittel) Schadenersatz.

Entscheidungen

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf ergänzend die Feststellung, dass das Paprikastück kurz vor dem Unfall zu Boden fiel. Selbst wenn die Mitarbeiter den Boden durchgehend kontrolliert hätten, wäre es unsicher, ob sie den Paprikastreifen vor dem Sturz der Klägerin entfernen hätten können, weil dieser knapp davor zu Boden gefallen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, ohne die Beweisrüge der Klägerin zu den vom Erstgericht ergänzend getroffenen Feststellungen zu behandeln. Es legte die von der Klägerin begehrten Ersatzfeststellungen zugrunde. Danach sei das Paprikastück bereits am Boden gelegen, als ein Kellner am Buffet vorbeiging, um dieses zu kontrollieren, wobei er das Paprikastück übersah und nicht entfernte. Hätte der Kellner das Paprikastück wahrgenommen und dieses beiseitegeschoben oder aufgehoben, wäre es nicht zum Sturz der Klägerin gekommen. Selbst unter Zugrundelegung dieses gewünschten Sachverhalts wäre eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten zu verneinen.

Der Oberste Gerichtshof teilte die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht und verwies die Rechtssache zur Erledigung der Beweisrüge an dieses Gericht zurück. Sollte das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen übernehmen, kann den Mitarbeitern des Hotels nicht der Vorwurf gemacht werden, sie hätten das Paprikastück nicht rechtzeitig entfernt, wäre dieses doch erst kurz vor dem Sturz der Klägerin zu Boden gefallen.

Eine durchgehende Überprüfung und Reinigung des Bodens vor dem Frühstücksbuffet, die die sofortige Entfernung von jeglichen Essensresten vom Boden gewährleistet, wäre eine Überspannung der Sorgfaltspflichten des Hotelbetreibers.

Sofern das Gericht zweiter Instanz aber die von der Klägerin gewünschten Feststellungen trifft, läge ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht durch das Hotelpersonal vor, hätte doch der Kellner den erkennbaren grünen Paprikastreifen auf dem Fliesenboden nicht entfernt, obwohl ihm dies möglich und zumutbar war.

In diesem Fall wäre von einem gleichteiligen Verschulden der Parteien auszugehen. Auch die Klägerin hatte den Bodenverhältnissen vor ihrem Sturz keine Beachtung geschenkt, obwohl sie – ebenso wie der Kellner – den grünen Paprikastreifen am Fliesenboden sehen hätte können. Beim Frühstücksbuffet herrschte kein besonderes Gedränge und sie hatte freie Sicht auf den Boden vor ihr.

Weblink

Die Entscheidung im Volltext (OGH, 27.9.2016, 1 Ob 158/16s)

(Quelle: OGH)

Autoren

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Redaktion

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