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Ein Hund kam in die Küche …

… und stahl dem Koch ein Ei. In der Küche des Obersten Gerichtshofs gelingt ein Eierdiebstahl allerdings nicht so leicht. Doch geben die Richter gern ein Ei im übertragenen Sinn auch freiwillig her, nämlich eine interessante Rechtsmeinung.
Von Mag. Barbara Tuma
25. März 2011

Erst vor Kurzem kam ein Hund ­– zumindest über den Sachverhalt – in die Küche des Obersten Gerichtshofs (3 Ob 7/11t): Ein Vermieter untersagte seinem Mieter, einem Ziviltechnikerbüro, die Mitnahme von Hunden in die gemieteten Büroräume, nachdem der Geschäftsführer des Ziviltechnikerbüros und ein weiterer Angestellter jeweils ihre Hunde zur Arbeit mitgenommen hatten. Der Mieter erhob daraufhin Klage gegen den Vermieter, weil das Verbot der Hundehaltung eine Schikane darstelle. Der Mietvertrag jedenfalls enthielt keine Regelung zum Thema Tierhaltung.

Der Oberste Gerichtshof wies die Revision zurück –  was ich in der Einleitung mit Verhinderung eines Eierdiebstahls gemeint habe:

Fehlt eine konkrete vertragliche Vereinbarung der Mietvertragsparteien im Mietvertrag, ist eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen. Dabei ist der Vertragszweck ebenso zu berücksichtigen wie  der Ortsgebrauch und die Verkehrssitte. Zu welchem Ergebnis dann die konkrete Vertragsauslegung nach den Umständen des Einzelfalls führt, lässt sich nicht für alle Fälle der Geschäftsraummiete und auch nicht für die Vermietung von Büroräumen für eine Ziviltechnikergesellschaft allgemein gültig festlegen. Damit liegt aber keine erhebliche Rechtsfrage für den Obersten Gerichtshof vor, zumal die ergänzende Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht hier keine Fehlbeurteilung bildete, die der Oberste Gerichtshof  im Interesse der Rechtssicherheit aufgreifen hätte müssen.

Erfreulicherweise war der Oberste Gerichtshof dennoch mit seiner Rechtsmeinung nicht knausrig und lässt uns wissen, dass er es für durchaus vertretbar hält, zwischen der Vermietung einer Wohnung zu Wohnzwecken und der Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten zum (ausschließlichen) Betrieb eines Ziviltechnikerbüros zu differenzieren. Daher kann sich der Mieter hier nicht darauf stützen, dass bei Vermietung einer Wohnung zu Wohnzwecken nach Ortsgebrauch und Verkehrssitte in der Regel auch die Haltung von „wohnungsüblichen Kleintieren und üblichen Haustieren wie insbesondere von Hunden und Katzen“ als zulässig angesehen wird. 

Darüber hinaus erwähnte der Oberste Gerichtshof die Tatsachen, dass  das Mietobjekt des Streitfalls in einem Altbau liegt, der auch von anderen (Geschäfts-)Mietern und sonstigen Nutzern frequentiert wird. Und dass der Mieter sein Mietrecht durchaus nicht nur in den eigentlichen Büroräumen ausübte, sondern auch ­– durch eine Garderobe und das Abstellen von Geräten für das Ziviltechnikerbüro – auf Gängen des Objekts, die zu weiteren Geschäftsräumen führen.

Es blieb daher also letztlich bei der Entscheidung des Berufungsgerichts, dass es nicht dem Vertragszweck entspreche, in solchen Geschäftsräumlichkeiten Hunde zu halten, und dem klagenden Mieter daher ein Recht zur Hundehaltung nicht zustehe.

Mit der Frage der Haustierhaltung durch Mieter hatte sich der Oberste Gerichtshof im Übrigen auch gerade erst in einem anderen Verfahren zu beschäftigen. In jenem Fall hatte der Verein für Konsumenteninformation eine sogenannte Verbandsklage erhoben: Um die Interessen von Verbrauchern im Allgemeinen zu schützen, wollte er einem gewerblichen Vermieter ua die Verwendung einer Klausel betreffend ein Tierhalteverbot in allen seinen Mietverträgen verbieten lassen ­ – und war damit erfolgreich.  Die Klausel lautete: „Dem Mieter ist es nicht gestattet, Haustiere zu halten.“ Der Oberste Gerichtshof gab dem VKI Recht, dass  diese Klausel eine gröbliche Benachteiligung des Mieters darstellt, weil wohnungsübliche, artgerecht in Behältnissen gehaltene Kleintiere (wie Ziervögel, Zierfische, Hamster und kleine Schildkröten) nicht vom Verbot ausgenommen sind (2 Ob 73/10i).

In einem Individualprozess hingegen kann ein generelles Tierhaltungsverbot aber durchaus wieder als zulässig gewertet werden; der Vermieter darf jedoch seine Zustimmung nicht willkürlich verweigern, wenn die Tierhaltung laut Mietvertrag von seiner Einwilligung abhängig ist  (so etwa im Fall 6 Ob 129/08a betreffend die Haltung von zwei Wohnungskatzen) .

Autoren

Barbara Tuma

Mag. Barbara Tuma

Mag. Barbara Tuma ist seit mehr als dreißig Jahren als juristische Fachredakteurin in der LexisNexis-Redaktion tätig. Bei ihrer Arbeit erhält sie – in allen Rechtsbereichen – Einblick in die neuest...