Quergelesen 4/2013
02. Dezember 2013 / Erschienen in Compliance Praxis 4/2013, S. 46
Unerwartet flattert eine Einladung zum Champions-League-Finale FC Bayern gegen Borussia Dortmund im Londoner Wembley Stadion auf den Schreibtisch. Von dem Zulieferer, dem vor einiger Zeit wegen zu hoher Preise eine Absage erteilt wurde. Von dem Autohaus, dessen Wartungsvertrag für die Fahrzeugflotte kurz vor Ablauf steht. Es stellt sich die Frage: Hingehen oder doch nicht – und ein Jahrhundertereignis verpassen?
Compliance hat nicht immer mit der Größe eines Unternehmens zu tun. Das macht das Werk „Compliance für den Mittelstand“ anhand von aus dem Leben gegriffenen Beispielen klar. Plötzlich wird Compliance zur Gretchenfrage: Ist das vom Geschäftspartner überreichte Fußball-Ticket, die Konzertkarte oder die Gala-Einladung noch eine im Geschäftsleben übliche Geste oder bereits der Versuch einer Beeinflussung bzw Bestechung? Wird der Mitarbeiter damit schon zum Täter?
Wie es auch gehen kann
Das Nachschlagewerk zielt speziell auf die Besonderheiten des Mittelstandes ab. Hier ist das Bewusstsein für Compliance zwar stark gewachsen, doch es fehlt häufig an einer konsequenten Umsetzung und regelmäßigen Überprüfung der Strukturen, so der Herausgeber des Buchs, Prof. Dr. Peter Fissenewert: „Wichtig ist es, nicht lediglich einen Kanon aus Verboten zu definieren, sondern Handlungsalternativen im Sinne von ‚so-geht-es-auch‘ zu formulieren. Jeder im Unternehmen benötigt eine Handhabe, die es ihm ermöglicht einzugrenzen, ob ein Geschenk oder eine Einladung compliant ist.“ Was als vereinzeltes regelwidriges Verhalten beginnt, kann fortgesetzte kriminelle Handlungen nach sich ziehen. Mit erheblichen Konsequenzen für das Unternehmen und den Mitarbeiter.
Wichtig: Unternehmenskultur schaffen
Fissenewert betont, dass Compliance ein wichtiger Beitrag zur Unternehmenskultur sein kann: „Häufig sind der Vertrieb aber auch der Finanzbereich anfällig für regelwidriges Verhalten. Die betroffenen Mitarbeiter arbeiten schon längere Zeit im Unternehmen und bekleiden in aller Regel eine Führungsposition.“ Häufig gebe es Mittäter, die aus dem Kollegenkreis kommen oder Geschäftspartner wie Lieferanten, Kunden oder Berater sein können. Ein Regelwerk und eine Firmenkultur zu entwickeln, damit schädigendes Verhalten Dritter nicht auf die eigenen Geschäftsbeziehungen durchschlägt, sei somit ein weiterer wichtiger Aspekt.
Notfallplan für die Hausdursuchung
Ausgehend von diesen Erkenntnissen vermittelt das Buch zum einen Grundwissen im Bereich Compliance: Welches sind die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Compliance-Organisation? Wie richte ich eine solche Organisation Schritt für Schritt im Unternehmen ein? Zum zweiten wird ein Schwerpunkt auf praktische Handlungsanleitungen gelegt. So werden konkrete Fälle von Managerhaftung als abschreckende Beispiele genannt, Checklisten angeboten oder auch ein Notfallzettel für Mitarbeiter, wenn es zu unangekündigten Hausdurchsuchungen kommt.
Fazit: Das kompakte Werk vermittelt Lesern Grundwissen zu Compliance in einer auch für juristische Laien verständlichen Sprache.
Zu den Autoren
Herausgeber und Autoren sind erfahrene Rechtsanwälte und Berater zu Compliance-Themen: RA Prof. Dr. Peter Fissenewert (Herausgeber und Autor), Berlin; Prof. Dr. Stefan Behringer, Hamburg; RA Tobias Grambow, Berlin; RA Alexander Herbert, Berlin; RA Dr. Daniel Kautenburger-Behr, Köln; RAin Susanne Lehr, Berlin; RAin Dr. Dagmar Waldzus, Hamburg.
Informationen zum Buch

Compliance für den Mittelstand
Kompakter Leitfaden für mittelständische Unternehmen
245 Seiten, kartoniert, € 60,70
C.H.BECK
ISBN 978-3-406-63961-6
Erscheinungsjahr: 2013
Autoren

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