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OGH zur Auskunftspflicht eines Versicherers

Ein Versicherungsnehmer hatte seine Versicherung auf Herausgabe verschiedener Dokumente geklagt, mit deren Hilfe er etwaige Schadenersatzansprüche geltend machen wollte. Der OGH hat dem Kläger teilweise rechtgegeben.
Von Redaktion
18. Dezember 2018

Sachverhalt

Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn 1. 9. 2003 und Leistungsbeginn 1. 9. 2013. Der Kläger entschied sich gegen die Verrentung, sodass ihm am 1. 9. 2013 die Kapitalabfindung iHv 24.922,51 Euro ausbezahlt wurde.

Mit Klage vom 26. 5. 2017 begehrt der Kläger Zug um Zug ihm folgende Abschriften zu übermitteln bzw. Informationen zu erteilen:

  1. Versicherungsantrag;

  2. Klauselverzeichnis;

  3. Langtext der Klauseln;

  4. Allgemeine und Besondere Bedingungen zum gegenständlichen Versicherungsvertrag;

  5. Einzahlungsdaten (Datum und Höhe) und die Summe der Einzahlungen;

  6. Wertstand des Vertrags zum letzten Jahres- bzw Monatsultimo;

  7. sämtliche Erklärungen, die über den Inhalt des Versicherungsantrags in Bezug auf das gegenständliche Versicherungsverhältnis abgegeben wurden.

Er benötige diese, um vertragliche und gesetzliche Schadenersatzansprüche beurteilen und sie gegebenenfalls gerichtlich geltend machen zu können. Die Ansprüche wegen unrichtiger (Rücktritts-)Belehrung und wegen (eventuell) möglicher Anfechtung des Vertrags wegen Arglist seien noch nicht verjährt.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen Verjährung ab, der OGH gab der Revision teilweise Folge.

Entscheidung (Erste Rechtsprechung)

Der OGH in seinem Urteil (vgl. Infobox unten) fest: Gem § 3 Abs 3 Satz 1 VersVG kann der Versicherungsnehmer „jederzeit Abschriften der Erklärungen fordern, die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat“. Von dieser Bestimmung sind daher nur Erklärungen umfasst, die vom Versicherungsnehmer oder in seinem Namen abgegeben wurden. Der Versicherungsantrag unterliegt als eine vom Versicherungsnehmer abgegebene Erklärung unzweifelhaft § 3 Abs 3 VersVG.

Ist der „Versicherungsschein“ (die Polizze) abhandengekommen oder vernichtet, kann der Versicherungsnehmer nach § 3 Abs 2 VersVG vom Versicherer die Ausstellung einer „Ersatzurkunde“ verlangen. Dies bedeutet, dass er auch eine bloße Abschrift der Polizze begehren kann. Da mit den jeweils vereinbarten Klauseln der Versicherungsbedingungen der Inhalt des Versicherungsvertrags näher determiniert wird, sind sie Teil des Versicherungsscheins (der Polizze), der die Beweisurkunde über den vollständigen Inhalt des Versicherungsvertrags ist. Die Abschriften der Versicherungsbedingungen, die dem Versicherungsvertrag zugrunde liegen, sind daher wie die Polizze nach § 3 Abs 2 VersVG auszufolgen.

Zur Verjährung

Der Nebenleistungsanspruch nach § 3 VersVG besteht während des Vertrags jederzeit, nach seiner Beendigung nur bis zur vollständigen Abwicklung, also so lange, bis keine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag mehr geltend gemacht werden können, solche also noch nicht verjährt sind. Der Versicherungsnehmer muss in der Klage darlegen, dass ihm noch ein Anspruch aus dem Versicherungsvertrag zustehen könnte.

Bei bekannt unklarer Rechtslage (hier in Bezug auf die Auswirkungen einer unrichtigen Belehrung über das Rücktrittsrecht) hat der Versicherer nach Treu und Glauben seiner Nebenleistungspflicht nach § 3 VersVG jedenfalls solange nachzukommen, bis Klarheit durch Gesetz und/oder Judikatur geschaffen wird. Er muss es dem Versicherungsnehmer ermöglichen, seine Rechtsposition zu wahren, wofür die Kenntnis der in § 3 VersVG genannten Urkunden Voraussetzung sein kann.

Weblink

Volltext der Entscheidung (OGH, 31. 10. 2018, 7 Ob 221/17a)

(Quelle: LexisNexis Rechtsredaktion)

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