Navigation
Seiteninhalt

OGH zu Schadenersatz: Verurteilte Kartellanten haften solidarisch

Das „Aufzugskartell“ beschäftigt auch Jahre nach der Verurteilung der Teilnehmer den Obersten Gerichtshof. In einem Musterprozess um Schadenersatzforderungen von Abnehmern äußerten sich die Richter nun dazu, welche Haftungsregeln in einem solchen Fall anzuwenden sind.
Von Redaktion
16. April 2012

Für Verstöße gegen das Kartellrecht bluten überführte Unternehmen doppelt: Zum einen verhängt die Wettbewerbsbehörde in der Regel Bußgelder, zum anderen können Marktteilnehmer, die durch die Absprachen geschädigt wurden, Schadenersatz einfordern. Im Fall des „Aufzugskartells“ wurde gegen fünf Teilnehmer ein Bußgeld in Höhe von 75 Millionen Euro verhängt. Abnehmer der Firmen haben in der Folge auf Schadenersatz in Millionenhöhe geklagt.

In einem aktuellen Urteil führt der Oberste Gerichtshof zur Reichweite der Schadenersatzpflicht der einzelnen Kartellanten unter anderem Folgendes aus:

  • Mitgehangen, mitgefangen – Die Verantwortlichkeit mehrerer an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen erstreckt sich auf die gesamte Dauer der Zuwiderhandlung und umfasst auch Verhaltensweisen anderer Kartellmitglieder, an denen ein betroffenes Unternehmen selbst nicht beteiligt ist, sofern sie im Rahmen des Gesamtkartells (der Grundvereinbarung) erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen wusste oder wissen musste, dass es sich an einem auf Wettbewerbsverfälschung abzielenden Gesamtkartell beteiligte und vom Verhalten der anderen Kartellmitglieder wusste, wissen musste oder es hätte voraussehen müssen und bereit war, das Risiko auf sich zu nehmen.
    Sind an einer Zuwiderhandlung mehrere Mittäter beteiligt, kann die Verantwortung des einzelnen Unternehmens für die Gesamtzuwiderhandlung einschließlich des Verhaltens, das von anderen beteiligten Unternehmen an den Tag gelegt worden ist, aber dieselbe wettbewerbswidrige Bestimmung oder Wirkung hat, nicht schon allein deshalb ausgeschlossen sein, weil jedes Unternehmen sich auf eine ihm eigene Art und Weise an der Zuwiderhandlung beteiligt.

  • Solidarische Haftung – Die Verbotsbestimmungen im österreichischen und europäischen Kartellrecht (§ 18 Abs 1 Z 1 KartG 1988 und Art 81 EGV bzw. nunmehr Art 101 AEUV) haben neben wettbewerbsrechtlichen Zwecken gerade auch den Zweck, Übervorteilungen der Marktteilnehmer auf der Marktgegenseite durch Absprachen von Kartellanten zu verhindern. Ein Verstoß gegen den Schutzzweck der Norm iSd § 1311 ABGB führt im deliktischen Bereich zur Haftung gemeinschaftlich handelnder Täter, wenn jeder von ihnen eine conditio sine qua non für denselben Schaden gesetzt hat. Die solidarische Haftung ergibt sich aus § 1302 ABGB. Mehrere Täter, die mit dem gemeinsamen Vorsatz handeln, eine Norm zu übertreten, die Schädigungen vorbeugen will, trifft eine solidarische Haftung, ohne dass sich der Vorsatz auf den vollen Schadenserfolg erstrecken müsste.

  • Managerhaftung – Schadenersatzansprüche von Gläubigern der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer sind dann denkbar, wenn er Verstöße selbst begangen hat, an diesen aktiv beteiligt war oder gegen solche trotz Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis des Verstoßes nichts unternommen hat.

(Quelle: OGH/ kp)

Autoren

782_632_LN_Logo_RGB_Primary_Full-Color_Positive.jpg

Redaktion

Die LexisNexis Österreich & Compliance Praxis-Redaktion versorgt Sie regelmäßig mit aktuellen News und Informationen aus der Compliance-Welt. Unser Ziel ist es, Ihre tägliche Arbeit bestmöglich zu ...