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OGH zu Hausdurchsuchungen in Kartellverfahren

Der OGH hat im Zusammenhang mit einem Wettbwerbsverfahren verschiedene Fragen zur Hausdurchsuchung bei Kartellermittlungen beantwortet.
Von Redaktion
01. Februar 2012

Der OGH hat zur Hausdurchsuchung und freiwilligen Nachschau unter anderem die folgenden Aussagen getroffen:

Freiwillige Nachschau & Hausdurchsuchungsbefehl

Durch die freiwillige Nachschau nach § 11a WettbG wird der Hausdurchsuchungsbefehl konsumiert; eine weitere Nachschau könnte nicht mehr auf diesen Hausdurchsuchungsbefehl gestützt werden. Die Motive für eine Zustimmung zu einer freiwilligen Nachschau haben außer Betracht zu bleiben. Bei einer freiwilligen Nachschau liegt kein Eingriff vor und die Einschränkungen des Kartellgesetzes gelten nicht.

Wann ist „Freiwilligkeit“ gegeben?

In der Literatur wird betont, dass eine vorsichtige Beurteilung des Vorliegens der Freiwilligkeit bei der freiwilligen Nachschau geboten ist. Selten werde Freiwilligkeit zu bejahen sein, wenn Sicherheitsbeamte vor der Tür stehen und mit einer Durchsuchungsanordnung „drohen, wenn sie nicht gleich eingelassen werden“ (Tipold/Zerbes in WK-StPO § 117 Rz 8). Dies war im vorliegenden Fall nicht so. Da eine der Antragsgenerinnen ausdrücklich einer freiwilligen Nachschau zugestimmt hat und durch die freiwillige Nachschau der Hausdurchsuchungsbefehl konsumiert wird, könnte eine weitere Nachschau gegen den Willen dieser Antragsgegnerin nicht mehr auf den seinerzeitigen Hausdurchsuchungsbefehl gestützt werden. Da es ihr daher insoweit an einem schutzwürdigen Interesse an der Überprüfung des seinerzeitigen Hausdurchsuchungsbefehls fehlt, wurde ihr Rekurs vom OGH zurückgewiesen.

Voraussetzungen für eine Hausdurchsuchung

Ein „dringender Tatverdacht“ ist weder nach dem Kartellgesetz noch nach der StPO Voraussetzung für eine Hausdurchsuchung.

Wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass ein Kartell trotz ausdrücklichen Verbots fortgesetzt wird, ist regelmäßig die Besorgnis berechtigt, die Unternehmen versuchten, Beweismittel zu unterdrücken, sollten sie von den Erhebungen Kenntnis erlangen. Aus diesem Grund kann in derartigen Fällen in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass die Anordnung einer Hausdurchsuchung unverhältnismäßig ist.

Beschlagnahme von Datenträgern

Das Kopieren von Datenträgern stellt keine Beschlagnahme dar.

Fristsetzung für den Hausdurchsuchungsbefehl

Zweck einer Fristsetzung (hier: für den Hausdurchsuchungsbefehl) ist es, die Durchsetzung von Zwangsmitteln zu verhindern, wenn in der Zwischenzeit deren Voraussetzungen weggefallen sind.

Anmerkung der LexisNexis Rechtsredaktion: Zur Befristung eines Hausdurchsuchungsbefehls hält der OGH zunächst fest, dass § 12 Abs 3 WettbG kein Gebot einer Befristung des Hausdurchsuchungsbefehls enthält. Der OGH äußert sich zwar nicht ausdrücklich, ob ein Hausdurchsuchungsbefehl zu befristen ist; seine Ausführungen scheinen aber in die Richtung einer Befristung zu deuten.

Im vorliegenden Fall lag zwischen der Erlassung der Hausdurchsuchungsbefehle und deren tatsächlichem Vollzug ein Zeitraum von 2 Monaten und 3 Wochen. Der OGH sah darin keine Beeinträchtigung des Rechtsschutzes der Antragsgegnerinnen; er berücksichtigte, dass dieser Zeitraum in die allgemeine Urlaubszeit fiel und die gleichzeitige Hausdurchsuchung an bis zu 8 Standorten einer gewissen Vorbereitungszeit und Abstimmung mit der Wirtschaftspolizei, den Landeskriminalämtern und dem Bundeskriminalamt bedurfte. Die Bundeswettbewerbsbehörde habe die Gründe für die Verzögerung dem Kartellgericht bereits Mitte Juli 2011 mitgeteilt und die Hausdurchsuchung für Anfang August 2011 angekündigt; dem Kartellgericht sei damit eine ausreichende Prüfung ermöglicht worden, ob die Hausdurchsuchung nach wie vor erforderlich ist.

(LexisNexis Rechtsredaktion, kp)

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