EuGH: Verneinung von Marktmissbrauch ist Exklusivrecht der Kommission
05. Mai 2011
Ausgangspunkt für die Entscheidung war ein in Polen durchgeführtes Verfahren gegen die Telekomunikacja Polska. Der Präsident der polnischen Wettbewerbsbehörde stellte fest, dass das Verhalten dieses Unternehmens keinen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstelle (im Sinne des Artikels 102 AEUV). Er erließ daher eine Entscheidung nach nationalem Recht, mit der er eine wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise des Unternehmens verneinte, und stellte bezüglich des Verstoßes gegen den Vertrag das Verfahren ein.
Diese Entscheidung focht die Tele2 Polska, ein Mitbewerber am nationalen Markt, an. Das Oberste Gericht von Polen (Sąd Najwyższy) fragte daraufhin beim EuGH an, ob es nach Unionsrecht ausgeschlossen sei, dass eine nationale Wettbewerbsbehörde, wenn sie auf der Grundlage ihres nationalen Rechts keine missbräuchliche Verhaltensweise erkennt, eine Entscheidung erlässt, mit der ein Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen verneint wird („negative Entscheidung“).
Der EuGH bejahte nun diese Frage (EuGH 3. 5. 2011, C-375/09, Tele 2 Polska): Die Feststellung, dass kein Verstoß gegen das Verbot des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung vorliegt, ist allein der Kommission vorbehalten, selbst wenn eine einschlägige Vertragsbestimmung in einem von einer nationalen Wettbewerbsbehörde durchgeführten Verfahren angewendet wird.
Weiter stellt der Gerichtshof fest, dass das Unionsrecht nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die unter solchen Umständen nur die Möglichkeit vorsehen, dass die nationale Wettbewerbsbehörde eine negative Sachentscheidung erlässt.
Eine nationale Wettbewerbsbehörde darf daher keine Entscheidung erlassen, mit der ein Verstoß gegen Art. 102 AEUV verneint wird.
(LexisNexis Redaktion, red)
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