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OGH: Ablehnung „zu alten“ Bewerbers auch dann diskriminierend, wenn Stelle nicht besetzt wird

Mit dem Hinweis, er sei für die Stelle „zu alt“, wurde ein 50-jähriger Bewerber für eine Außendienststelle abgelehnt. Dass die ausgeschriebene Position bisher nicht besetzt wurde, ändert nichts am Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters, stellt der Oberste Gerichtshof jetzt fest.
Von Redaktion
04. März 2013

Der 50-jährige Kläger bewarb sich auf ein von der Beklagten geschaltetes Stelleninserat als Außendienstmitarbeiter. Er verfügte über sämtliche in der Stellenausschreibung geforderten Kriterien. Nachdem der Geschäftsführer der beklagten Firma erstmals die Bewerbungsunterlagen des Klägers per E-Mail erhalten hatte, teilte er dem Kläger drei Minuten später mit, für die Stelle zu alt zu sein.

Der Kläger begehrte von der Beklagten Schadenersatz von rund 4.750 Euro wegen Altersdiskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG). Die Beklagte bestritt unter anderem, dass schon begrifflich nicht von einer Diskriminierung gesprochen werden könne, weil die ausgeschriebene Stelle bis heute nicht besetzt worden sei.

Der Oberste Gerichtshof ist der Argumentation der Beklagten nicht gefolgt und hebt in seiner rechtlichen Beurteilung des Falles Folgendes hervor: Das GlBG verbietet unter anderem jede Diskriminierung aufgrund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person z.B. aufgrund des Alters in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

Die Definition der unmittelbaren Diskriminierung erfordert es, dass jeweils eine Vergleichsperson gefunden wird. Wenn sich nur eine Person bewirbt oder - wie im vorliegenden Fall - nur eine Person das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle erfüllt, muss diese Vergleichsperson eine „hypothetische“ sein. Dies ergibt sich schon aus dem Gesetz („erfahren würde“ [§ 19 Abs 1 GlBG]).

Da der Kläger die ausgeschriebene Stelle bei der Beklagten wegen seines Alters nicht erhalten hat, wurde er wegen seines Alters diskriminiert, also gegenüber einem vergleichbaren jüngeren Bewerber benachteiligt.

Dies muss aber – entgegen der Rechtsansicht der Beklagten – nicht zwangsläufig zur Folge haben, dass eine bestimmte andere Person bevorzugt wurde. Dass die ausgeschriebene Stelle bisher nicht besetzt wurde, ändert daher nichts am Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters.

Weblink

Die Entscheidung im Volltext: OGH 29. 1. 2013, 9 ObA 154/12f

(Quelle: OGH)

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