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Kartellrecht: Brüssel will Zugang zu Schadenersatz erleichtern

Die Europäische Kommission hat neue Regeln ausgearbeitet, wie Opfer eines Kartells oder von Marktmissbrauch Schadensersatz verlangen können. Damit sollen praktische Probleme behoben werden, mit denen Kartellgeschädigte trotz bestehender Rechte häufig konfrontiert sind.
Von Redaktion
12. Juni 2013

Durch Kartellverstöße Geschädigten gelingt es in Europa wegen verfahrensrechtlicher Hindernisse und Rechtsunsicherheit nur selten, Schadenersatz zu erstreiten, obwohl ihnen dieses Recht eigentlich zustehen würde.

Dies betrifft laut EU-Kommission insbesondere Verbraucher und KMU, die meist erst gar nicht auf Schadensersatz klagen. Nur in einem Viertel der Kartellsachen, in denen die Kommission in den letzten sieben Jahren eine Entscheidung erließ, verlangten die Opfer Schadensersatz. Zudem sind die einzelstaatlichen Vorschriften in Europa sehr unterschiedlich. Die Chancen der Opfer auf Schadensersatz variieren von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat stark.

Mit der vorgeschlagenen Richtlinie sollen diese praktischen Hindernisse beseitigt werden. Es soll leichter werden, in der ganzen EU tatsächlich Schadenersatz zu bekommen.

In dem Vorschlag ist eine Reihe von Maßnahmen zur Erleichterung von Schadensersatzklagen vorgesehen:

  • Die einzelstaatlichen Gerichte erhalten die Befugnis, die Offenlegung von Beweismitteln durch Unternehmen anzuordnen, wenn Opfer Schadensersatz verlangen.

  • Die Entscheidungen einzelstaatlicher Wettbewerbsbehörden, mit denen eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, stellen vor den Gerichten aller Mitgliedstaaten einen Beweis für das Vorliegen der Zuwiderhandlung dar.

  • Die Vorschriften über die Verjährungsfristen, d. h. die Zeiträume, in denen Opfer eine Schadensersatzklage erheben können, werden klarer gefasst. Dadurch wird insbesondere sichergestellt, dass die Opfer wirksam Schadensersatz verlangen können, sobald eine Zuwiderhandlung von einer Wettbewerbsbehörde festgestellt wurde.

  • Die Haftungsvorschriften für Fälle, in denen auf einer Zuwiderhandlung beruhende Preiserhöhungen in der Vertriebs- oder Lieferkette „weitergegeben“ wurden, werden präzisiert. In der Praxis soll dadurch gewährleistet werden, dass diejenigen, die einen Schaden erlitten haben, am Ende auch den Schadensersatz erhalten.

  • Vorschriften zur Erleichterung einvernehmlicher Regelungen werden eingeführt, um eine schnellere und kostengünstigere Beilegung von Streitigkeiten zu ermöglichen.

In dem Vorschlag wird die Schlüsselrolle, die den europäischen und nationalen Wettbewerbsbehörden zukommt, in vollem Umfang anerkannt. Anders als im US-amerikanischen System sollen Bestrafung und Abschreckung nicht privatrechtlichen Streitigkeiten überlassen werden.

Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Wettbewerbsbehörden im Rahmen sogenannter Kronzeugenprogramme ist für die Aufdeckung geheimer Kartelle sehr wichtig. Der Vorschlag umfasst daher eine Reihe von Vorkehrungen, mit denen gewährleistet werden soll, dass die Erleichterung von Schadensersatzklagen nicht den Anreiz für Unternehmen verringert, mit den Wettbewerbsbehörden zusammenzuarbeiten.

Außerdem gibt die Kommission in einer Mitteilung Orientierungshilfen für die Ermittlung des Umfangs des kartellrechtlichen Schadens. Denn die Bestimmung der genauen Höhe des Schadens ist für Gerichte und Geschädigte häufig kostspielig.

Der Vorschlag für eine Richtlinie wird nun vom Europäischen Parlament und vom Rat nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren behandelt. Sobald er von diesen Organen angenommen worden ist, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen in innerstaatliches Recht umzusetzen.

(Quelle: EU-Kommission/ KP)

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