Navigation
Seiteninhalt

Expertenhearing zum Lobby-Gesetz

Der Justizausschuss hat ein Hearing zum Lobby-Gesetz durchgeführt. Experten sehen noch Nachschärfungsbedarf, der Beschluss des Gesetzes wurde auf März verschoben.
Von Redaktion
12. Januar 2012

Mit einem Hearing nahm gestern der Justizausschuss seine Beratungen über das Lobby-Gesetz wieder auf. Die Abgeordneten erhofften sich dabei von den Experten Antworten auf noch offene Fragen, die in der letzten Verhandlungsrunde am 22. November 2011 aufgetreten waren. Klärungsbedürftig schienen dem Ausschuss vor allem einzelne Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen hinsichtlich der vom Gesetz betroffenen Tätigkeiten und Personen.

Korinek warnt vor unbestimmten Gesetzesbegriffen

Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofs Karl Korinek stellte fest, der vorliegende Entwurf akzeptiere zwar die Unterschiede zwischen Selbstverwaltungskörpern und anderen Interessenvertretern, differenziere aber nicht ausreichend genug. Zweifel meldete er auch an der Sinnhaftigkeit der Regelung der Verhaltenspflichten für Interessensvertretungen als Bundeskompetenz an. In der Beschränkung der Formulierung der eigenen Interessen, so etwa bei NGOs, wiederum sah Korinek einen Widerspruch zum Petitionsrecht. Kritisch sprach er überdies von einer Vielzahl von unbestimmten Gesetzesbegriffen und bemängelte den Entwurf insbesondere hinsichtlich der Aufgabenbereiche von politischen Mandataren als äußerst unpräzise.

Kovar: PR-Firmen können mit Gesetz gut leben

Der Sprecher des Austrian Lobbying & Public Affairs Council, Andreas Kovar, schickte voraus, Beratungs- und PR-Firmen könnten mit dem Gesetz gut leben. Die Registrierung sei jedenfalls ein Fortschritt unter dem Gesichtspunkt der Transparenz, ermögliche sie doch nun, eine „Landkarte“ der Player zu erstellen. Die von der Vorlage anvisierten Verhaltensregeln entsprechen nach Meinung Kovars internationalen Standards, „Soft Law“ werde hier zu einem geschriebenen Gesetz entwickelt, sagte er. Einen Kardinalfehler des Gesetzes nannte Kovar allerdings die Differenzierung und Ungleichbehandlung, wobei er vor allem die Verpflichtung für Beratungsunternehmen zur Sichtbarmachung der Auftraggeber als diskriminierend und praxisfern kritisierte. Dies werde keinerlei Wirkung gegen Korruption entfalten und habe überdies auch keinen Informationswert, gab er zu bedenken.

Thierry gegen Differenzierung nach Organisationen und Personen

Feri Thierry, Präsident des Österreichischen Public Affairs Verbandes, sah die Einführung eines Registers als Beitrag zu mehr Transparenz und betonte, dies liege im Interesse all jener, die seriös Interessensvertretung betreiben. Die Differenzierung des Gesetzes wertete er allerdings ebenfalls als problematisch und argumentierte, das Gesetz sollte in erster Linie Tätigkeiten, nicht aber Organisationen und Personen betreffen. So sei es nicht nachvollziehbar, warum die Tätigkeit des einen schwerer wiegen solle als die Tätigkeit des anderen. Zur Steigerung der Akzeptanz des Gesetzes wären nach Meinung Thierrys überdies positive Anreize wie etwa eine Zutrittsberechtigung in Form eines eigenen Ausweises für Interessensvertreter wünschenswert.

Schellhorn für Gleichbehandlung aller Interessensvertreter

Der Co-Präsident der Österreichischen Hoteliersvereinigung Sepp Schellhorn äußerte Bedenken hinsichtlich der Transparenz, sah die von der Regierungsvorlage vorgenommene Abgrenzung in einem kritischen Licht und forderte eine Gleichbehandlung aller Interessensverbände. Der vom Entwurf eingeschlagene Weg könne zu Rechtsunsicherheit führen, zumal der Text nicht klar definiere, wer nun Interessensvertreter und wer Lobbyist bzw. Dealmaker sei, warnte Schellhorn mit Nachdruck.

Sickinger gegen nicht öffentliches Register

Politikwissenschaftler Hubert Sickinger erkannte im Entwurf Fortschritte und konzedierte dem Justizministerium, sich einige Best-Practice Modelle im Bereich des berufsmäßigen Lobbyings zum Vorbild genommen zu haben. Er begrüßte insbesondere die gesetzliche Verpflichtung zur Registrierung, zeigte sich aber irritiert über die Unterscheidung zwischen öffentlichem und nicht öffentlich zugänglichem Register. So sei es nicht einzusehen, warum professionelle Lobbyingunternehmen ihre Tätigkeiten nicht offenlegen müssen.

Utudijan fordert Ausnahmen für Anwaltsberuf

Armenak Utudjian, Vizepräsident der Anwaltskammer, kritisierte die Ausnahmebestimmungen hinsichtlich der Rechtsberatung als zu ungenau und meinte grundsätzlich, es wäre überhaupt sinnvoller, sämtliche befugte Berufsausübung in diesem Bereich von den Ausnahmeregelungen zu erfassen. Die Registrierungspflicht für die Selbstverwaltungskörper wiederum bezeichnete er als überschießend und gab zu bedenken, diese Bestimmung fördere die Transparenz nicht, zumal die Selbstverwaltungskörper ohnehin schon Kontrollen unterlägen. Auch die Offenlegung der Kosten der Interessensvertretung sowie der mit Interessensvertretung befassten Mitarbeiter hielt Utudjian nicht für zielführend, da es seiner Meinung nach in der Praxis an konkreten diesbezüglichen Zuordnungen fehle.

Da die Abgeordneten das Gesetz noch nachschärfen wollen, beschloss der Justizausschuss eine Vertagung der neuerlichen Vorlage auf seine für den 13. März geplante Sitzung

(Parlamentskorrespondenz, red)

Autoren

782_632_LN_Logo_RGB_Primary_Full-Color_Positive.jpg

Redaktion

Die LexisNexis Österreich & Compliance Praxis-Redaktion versorgt Sie regelmäßig mit aktuellen News und Informationen aus der Compliance-Welt. Unser Ziel ist es, Ihre tägliche Arbeit bestmöglich zu ...