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EuGH-Urteil zur Strafminderung bei Schuldeingeständnis

Es gibt keine europäische Bestimmung, die regelt, dass ein „Deal“ zwischen Staatsanwaltschaft und einem Beschuldigten zur Strafminderung von der Zustimmung der Mitbeschuldigten abhängig wäre. Das hat der EuGH in Beantwortung eines bulgarischen Vorabentscheidungsersuchens entschieden.
Von Redaktion
27. September 2019

Ausgangsfall

Nach bulgarischem Recht können sich Beschuldigte, die sich schuldig bekennen, nach Abschluss der Ermittlungen durch ihren Verteidiger mit der Staatsanwaltschaft schriftlich auf eine Strafe verständigen, die immer milder ist als die, die im ordentlichen Verfahren verhängt würde. Strittig ist im Ausgangsverfahren, ob eine solche Verständigung vom Gericht nur genehmigt werden darf, wenn dem die übrigen Beschuldigten – hier: Mitglieder einer kriminellen Vereinigung – zugestimmt haben.

Das europäische Recht (Art 7 der RL (EU) 2016/343) enthält gemeinsame Regeln zum Recht, die Aussage zu verweigern, und zum Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen. Demnach können die Mitgliedstaaten es ihren Justizbehörden „gestatten“, kooperatives Verhalten von Verdächtigen und beschuldigten Personen bei der Verurteilung zu berücksichtigen. Diese Bestimmung zwingt die Mitgliedstaaten also nicht dazu, die Berücksichtigung kooperativen Verhaltens durch die Behörden zu gewährleisten; sie verleiht Beschuldigten kein Recht auf eine herabgesetzte Strafe, wenn sie mit den Justizbehörden kooperieren, etwa durch eine Verständigung mit der Staatsanwaltschaft, in der der Beschuldigte seine Schuld eingesteht.

Auch sieht das EU-Recht keine Modalitäten und Bedingungen für eine Berücksichtigung kooperativen Verhaltens des Beschuldigten durch die Justizbehörden bei der Verurteilung vor. Solche Modalitäten und Bedingungen sind allein Sache des nationalen Rechts. Auch die Grundrechtecharta (GRC) und der Grundsatz der Effektivität sind auf die hier strittige Frage nicht anzuwenden.

Entscheidung des EuGH

Daher ist Art 7 Abs 4 der RL (EU) 2016/343 laut EuGH dahin auszulegen, dass er nicht die Frage regelt, ob ein Gericht einer Verständigung zwischen dem Mitglied einer kriminellen Vereinigung und der Staatsanwaltschaft nur unter der Voraussetzung zustimmen darf, dass die übrigen wegen Zugehörigkeit zu dieser kriminellen Vereinigung Beschuldigten dieser Verständigung zustimmen.

Weblink

Volltext der Entscheidung (EuGH, 24. 9. 2019, C-467/19 PPU)

(Quelle: LexisNexis Rechtsredaktion)

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