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Erlebnisse eines Compliance-Verantwortlichen: Die Reise

Der Compliance-Verantwortliche nimmt eine strapaziöse Reise auf sich. Schließlich will er Compliance dort vermitteln, wo es drauf ankommt: bei den Leuten draußen.

07. Juli 2015

Compliance muss zu den Mitarbeitern. Dorthin, wo die Leute sind. Nur dort kann man Bewusstsein schaffen. Weg vom Schreibtisch. Und außerdem werden sie dankbar sein, wenn ich den langen Weg auf mich nehme, um mich und Compliance vorzustellen, so geht es mir durch den Kopf, als ich im Schulungsraum sitze. Sehr weit weg von zuhause.

Was nimmt man nicht alles auf sich, um hierher zu kommen, überlege ich.

Die Langstrecke war ja noch die geringste Herausforderung. Obwohl der Sicherheitsgurt, mit dem die Stewardess für alle das richtige Angurten vorzeigt, dann doch recht weh tut, als sie ihn mir auf den Kopf knallt.

Aus irgendeinem Grund ist der Flieger dann unpünktlich. Was ja eigentlich egal ist, wenn man nicht umsteigen muss. Muss ich aber und verpasse prompt den Anschlussflug.

Ein bisschen später, so etwa fünf Stunden später, steige ich in den nächstmöglichen Flieger. Geschafft. Dass es aus der Verkleidung über mir herunter tröpfelt, ist mir fast schon egal.

Am Zielflughafen angekommen ist dann zu meiner großen Freude mein Gepäck nicht da. Wird übermorgen ins Hotel nachgeliefert. Na ja, frische Wäsche ist wohl ohnedies überbewertet.

Beim Mietwagenschalter sagt man mir, dass das reservierte Auto nicht da ist. Als Ersatz kann ich in einer Stunde einen anderen Wagen haben. Ich warte. Und steige in ein völlig verrauchtes Auto. Den Ersatz für den Ersatz bekomme ich eine weitere Stunde später.

Dass das reservierte Hotelzimmer wegen Überbuchung schon vergeben ist, berührt mich gar nicht mehr. Das Ersatzzimmer im Ersatzhotel ist kleiner und schmuddeliger, dafür aber gleich teuer und hörbar viel näher an der Autobahn.

Das Navi im Auto versagt seinen Dienst. Ich finde den Weg zur Niederlassung trotzdem. Irgendwie.

Allen Unbillen zum Trotz hab ich es geschafft. Ich bin da. Bei den Leuten.

Und blicke in einen völlig leeren Saal. Und lasse Revue passieren, was mir die Assistentin eben gesagt hat. Dass nämlich einer heute gar nicht gekommen ist, ein anderer krank ist, ein ganze Gruppe von Mitarbeitern einen Kundentermin hat und kurzfristig weggefahren ist, zwei unvermittelt Urlaub genommen haben und der Geschäftsführer sich ohnedies nicht für das Thema interessiert und in seinem Büro sitzt und arbeitet.

Lachen oder Weinen? Ich entscheide mich für ersteres. Und lache in den leeren Saal hinein. Es geht doch nichts über eine erfolgreiche Dienstreise.

Hinweis

Die Blog-Serie "Erlebnisse eines Compliance-Verantwortlichen" handelt von den Erfahrungen eines Compliance Officers aus einem österreichischen Unternehmen Tag für Tag, in den "Mühen der Ebene". Aus naheliegenden Gründen bleibt der Verfasser ungenannt. Die Berichte sind authentisch.

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