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Drastische Strafdrohungen durch neue EU-Vorgaben

Verwaltungsstrafen von bis zu 5 Mio. Euro für Privatpersonen und bis zu 15 Mio. Euro oder auch mehr für Gesellschaften sehen in Kraft getretene oder geplante EU-Vorgaben im Finanzbereich vor.
Von Redaktion
21. April 2016

Die EU-Börse-Transparenzrichtlinie ist seit November 2015 in nationales Recht umgesetzt. Die neue, von der EU verordnete Gesetzgebung zu Marktmissbrauch, Geldwäsche und Datenschutz steht vor der Tür. Allen gemeinsam sind drastisch hohe Sanktionen bei auch nur leicht fahrlässigen Verstößen.

Kurt Retter und Markus Heidinger, Partner der Anwaltskanzlei Wolf Theiss, diskutierten bei einem Hintergrundgespräch die EU-Neuerungen. Sie kritisierten Unverhältnismäßigkeit, fehlende sachliche Begründung oder Wertungswidersprüche der neuen Bestimmungen.

EU-Transparenzrichtlinie

Im November 2013 trat die Änderung der Transparenz-Richtlinie für börsennotierte Unternehmen (RL 2013/50/EU) in Kraft. Damit hat der Unionsgesetzgeber unter anderem drei Problemfelder der Beteiligungstransparenz adressiert:

  • die bisherige Rechtszersplitterung,

  • den als mangelhaft empfundenen Umgehungsschutz bei innovativen Finanzprodukten und

  • die in den Mitgliedsstaaten unterschiedlichen und als unzureichend empfundenen Sanktionen bei Verletzungen der Transparenzvorschriften.

Die EU-Mitgliedstaaten mussten diese Richtlinie bis 26. November 2015 in nationales Recht umsetzen. Demzufolge sind nun auch in Österreich bedeutsame Änderungen des Börsegesetzes inklusive drastischer Sanktionsmaßnahmen in Kraft.

Neue Meldepflichten – verschärfte Sanktionen

Europaweit gelten nun einheitliche Regelungen zur Offenlegungspflicht für Finanzinstrumente. Die Transparenzrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Vorschriften für Emittenten zu erlassen, deren Wertpapiere auf einem geregelten EU-Markt gehandelt werden. Emittenten müssen demnach ihre Veröffentlichungen, Übermittlungen und Mitteilungen rechtzeitig einbringen. Das Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie führt zu einer erheblichen Verschärfung der Sanktionen bei Verletzungen dieser Melde- und Veröffentlichungspflichten.

In Österreich können folgende Sanktionen im Fall eines Verstoßes verhängt werden:

  • Verwaltungshöchststrafen von bis zu zwei Mio. Euro gegen natürliche Personen und bis zu 10 Mio. Euro gegen juristische Personen.

  • Für juristische Personen gilt als weitere Mindestobergrenze für eine Verwaltungsgeldstrafe fünf Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes des letzten (konsolidierten) Jahresabschlusses. Ausdrücklich schreibt Art 28b Abs 1 Transparenz-RL 2013 vor, dass der jeweils höhere Betrag als Mindesthöchststrafe vorzusehen ist.

  • Veröffentlichung der Strafe einschließlich Identität der betroffenen Personen und Art und Charakter des zu Grunde liegenden Verstoßes.

Im Rahmen der bisherigen Gesetzeslage waren Strafen von maximal 150.000 Euro möglich.

Marktmissbrauchsverordnung

Die Verschärfung der Sanktionen ist auch im Zusammenhang mit der Marktmissbrauchsverordnung zu sehen. Die Marktmissbrauchsverordnung wird Insiderrecht, Ad-hoc Publizität, das Verbot der Marktmanipulation und die Veröffentlichungspflichten bei Directors' Dealings ab dem 3. Juli 2016 europaweit einheitlich regeln.

Bei Verstößen gegen das Verbot des Insiderhandels und der Marktmanipulation drohen Verwaltungsgeldstrafen von bis 5 Mio. Euro gegen natürliche Personen und bis zu 15 Mio. Euro gegen juristische Personen. Bei Verstößen gegen die Bestimmungen zur Ad hoc-Publizität ist beispielsweise eine Mindestgeldbuße von bis zu 1 Mio. Euro (2,5 Mio. Euro gegen juristische Personen) vorgesehen, für Verstöße gegen die Offenlegungspflichten im Bereich von Directors‘ Dealings und Insiderlisten Geldbußen von bis zu 500.000 Euro (1 Mio. Euro bei juristischen Personen).

Bei juristischen Personen sind die finanziellen Sanktionen potenziell noch drastischer: Der Mindestbußgeldrahmen bemisst sich am Gesamtkonzernumsatz und kann bis zu 15 Prozent des Umsatzes betragen.

Zudem müssen behördliche Sanktionsentscheidungen – bereits vor deren Rechtskraft – mit namentlicher Nennung der verantwortlichen Person für die Dauer von mindestens fünf Jahren öffentlich bekanntgemacht werden – das sogenannte „Naming and Shaming“.

Geldwäsche-Richtlinie

Die EU-Geldwäsche-Richtlinie ist bis spätestens Sommer 2017 umzusetzen. Die Richtlinie sieht Verwaltungsgeldstrafen von mindestens 1 Mio. Euro bei Verletzung der Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden (Artikel 10-24), Verdachtsmeldungen (Artikel 33-35), Aufbewahrung von Aufzeichnungen (Artikel 40) und internen Kontrollen (Artikel 45-46) vor.

Banken oder Finanzinstituten drohen Strafen von bis zu 5 Mio. Euro oder bis zu 10 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes, für die verantwortlichen Personen können die Geldbußen bis zu 5 Mio. Euro betragen.

(Quelle: Wolf Theiss)

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Redaktion

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