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Produkthaftung: Leitlinien für das digitale Zeitalter

Die EU-Kommission will die Produkthaftungsvorschriften an das digitale Zeitalter und die Kreislaufwirtschaft anpassen. Opfer künstlicher Intelligenz sollen leichter Entschädigungen erhalten.
Von Redaktion
03. Oktober 2022

Die Kommission schlägt zum einen vor, die bestehenden Vorschriften über die verschuldensunabhängige Haftung von Herstellern für fehlerhafte Produkte zu modernisieren (neue Produkthaftungsrichtlinie). 

Zweitens schlägt die Kommission erstmals eine gezielte Harmonisierung der nationalen Haftungsvorschriften für künstliche Intelligenz (KI) vor, um Opfern von Schäden im Zusammenhang mit KI den Erhalt einer Entschädigung zu erleichtern (Richtlinie über KI-Harftung).

Produkthaftung neu

Die überarbeitete Produkthaftungsrichtlinie bringt im Wesentlichen folgende Neuerungen:

  • Modernisierung der Haftungsvorschriften für kreislauforientierte Geschäftsmodelle: Sicherstellung, dass die Haftungsvorschriften für Unternehmen, die ihre Produkte wesentlich verändern, gerecht sind.
  • Modernisierung der Haftungsvorschriften für Produkte im digitalen Zeitalter: Schadensersatz für Schäden, die entstehen, wenn Produkte wie Roboter, Drohnen oder Smart-Home-Systeme durch Software-Updates, KI oder digitale Dienste unsicher gemacht werden, und wenn die Hersteller Schwachstellen im Bereich der Cybersicherheit nicht beheben.
  • Schaffung einheitlicherer Wettbewerbsbedingungen für Hersteller in der EU und in Nicht-EU-Ländern: Wenn Verbraucher durch unsichere Produkte, die von außerhalb der EU eingeführt werden, zu Schaden kommen, können sie sich bezüglich des Schadensersatzes an den Importeur oder den EU-Vertreter des Herstellers wenden.
  • Gleichstellung der Verbraucher mit den Herstellern: Verpflichtung der Hersteller zur Offenlegung von Beweismitteln, mehr Flexibilität bei den Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen und Erleichterung der Beweislast für die Opfer in komplexen Fällen, z. B. im Zusammenhang mit Arzneimitteln oder KI.

Richtlinie über KI-Haftung

Die Richtlinie über KI-Haftung soll u.a. die Beweislast in Bezug auf Schäden, die Einzelpersonen oder Unternehmen durch KI-Systeme entstehen, erleichtern. Bestimmte Vorschriften für Ansprüche, die nicht in den Anwendungsbereich der Produkthaftungsrichtlinie fallen, sollen harmonisiert werden. Dies umfasst beispielsweise Verletzungen der Privatsphäre oder durch Sicherheitsprobleme verursachte Schäden. Dank der neuen Vorschriften sollen beispielsweise Arbeitnehmer, die in einem Einstellungsverfahren durch den Einsatz von KI-Technologien diskriminiert wurden, schnelle zu ihrem Schadensersatz kommen.

Mit der Richtlinie wird das rechtliche Verfahren für Opfer vereinfacht, wenn es darum geht, das Verschulden einer Person für einen bestimmten nachzuweisen. Erreicht wird dies durch die Einführung von zwei wesentlichen Elementen:

  • „Kausalitätsvermutung“ – Kann nach vernünftigem Ermessen von einem ursächlichen Zusammenhang einer Schädigung mit einer KI-Leistung ausgegangen werden, soll das Opfer nicht detailliert erklären müssen, wie genau der Schaden verursacht wurde, da dies bei komplexen KI-Systemen besonders schwierig sein könnte.
  • Recht auf Zugang zu Beweismitteln – In Entschädigungsfällen, in denen Hochrisiko-KI-Systeme zum Einsatz kommen, wird ein Recht auf Zugang zu Beweismitteln im Besitz von Unternehmen und Anbietern eingeführt.

Mit den neuen Vorschriften zielt die EU-Kommission nach eigenen Angaben auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz der Verbraucher und der Förderung von Innovationen ab. Zugleich sollen zusätzliche Hindernisse für Opfer beim Zugang zu Schadensersatz beseitigt und Garantien für den KI-Sektor festgelegt werden, indem beispielsweise das Recht eingeführt wird, einen Haftungsanspruch auf der Grundlage einer Kausalitätsvermutung anzufechten.

Nächste Schritte

Der Kommissionsvorschlag muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden. Gemäß dem Vorschlag wird die Kommission im Bedarfsfall fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie über KI-Haftung prüfen, ob Regeln für die verschuldensunabhängige Haftung für Ansprüche im Zusammenhang mit KI erforderlich sind.

Quelle: EU-Kommission

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