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Lkw-Kartell: EuGH zur Schadenersatzklage gegen eine Tochtergesellschaft

Bilden Mutter- und Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit, kann das Opfer eines Wettbewerbsverstoßes auch gegen die Tochtergesellschaft Schadensersatzklage erheben, selbst wenn nur die Muttergesellschaft an dem Wettbewerbsverstoß beteiligt war.
Von Redaktion
08. Oktober 2021

Zu einem spanischen Vorabentscheidungsersuchen hat der Europäische Gerichtshof wie im Folgenden zusammengefasst am 6. Oktober 2021 entschieden:  

Das Opfer einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise eines Unternehmens (hier: Lkw-Hersteller-Kartell) kann eine Schadensersatzklage sowohl gegen eine Muttergesellschaft erheben, die von der Europäischen Kommission wegen dieser Verhaltensweise mit einer Sanktion belegt wurde, als auch gegen eine Tochtergesellschaft dieser Gesellschaft, die von diesem Beschluss der EU-Kommission nicht betroffen ist, sofern sie zusammen eine wirtschaftliche Einheit bilden und daher zusammen dieses Unternehmen bilden.  

Statt gegenüber der Muttergesellschaft die Haftung einer Tochtergesellschaft geltend zu machen, ist somit nicht automatisch gegenüber jeder Tochtergesellschaft möglich, sondern nur gegenüber einer solchen, mit der die Muttergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bildet. Andernfalls liefe eine Tochtergesellschaft eines Konzerns Gefahr, für Zuwiderhandlungen haftbar gemacht zu werden, die im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeiten begangen wurden, die in keinem Zusammenhang mit ihrer eigenen Tätigkeit stehen und an denen sie in keiner Weise, auch nicht mittelbar, beteiligt war. Ein und dieselbe Muttergesellschaft kann nämlich Teil mehrerer wirtschaftlicher Einheiten sein, die nach Maßgabe der jeweiligen wirtschaftlichen Tätigkeit aus ihr selbst und aus verschiedenen Kombinationen ihrer Tochtergesellschaften bestehen, die alle zur selben Unternehmensgruppe gehören. 

Die betreffende Tochtergesellschaft muss ihre Verteidigungsrechte sachdienlich ausüben können, um nachzuweisen, dass sie nicht zu diesem Unternehmen gehört, und ist, wenn die Kommission keinen Beschluss nach Art 101 AEUV erlassen hat, auch berechtigt, das Vorliegen der behaupteten Zuwiderhandlung selbst zu bestreiten

Art 101 Abs 1 AEUV steht somit einer nationalen Regelung entgegen, die die Möglichkeit vorsieht, die Haftung für das Verhalten einer Gesellschaft einer anderen Gesellschaft nur dann zuzurechnen, wenn die zweite Gesellschaft die erste Gesellschaft kontrolliert. 

Volltext der Entscheidung

Quelle: LexisNexis Rechtsredaktion

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