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Spar: OGH verzehnfacht Kartellbuße auf 30 Mio. Euro

Der OGH hat als Kartellobergericht die Geldbuße gegen Spar wegen unerlaubten Preisabsprachen von drei auf 30 Mio. Euro hinaufgesetzt. Die Erhöht wird mit der langen Dauer und Schwere der Vergehen begründet sowie mit dem Ziel, eine abschreckende Wirkung zu erzielen.
Von Redaktion
03. November 2015

Die Bundeswettbewerbsbehörde hatte eine Geldbuße „in angemessener Höhe“ gegen mehrere Unternehmen des heimischen Lebensmittelhandelskonzerns Spar wegen Preisabsprachen mit Lieferanten im Bereich der Molkereiprodukte und in Bezug auf 16 weitere Produktgruppen gefordert.

Der Sachverhalt

Folgender Sachverhalt wurde im Verfahren als erwiesen angenommen: Zwischen Juli 2002 und März 2012 kam es im Rahmen von Einkaufspreisverhandlungen zwischen den für Molkereiprokute zuständigen Einkäufern bei Spar und Mitarbeitern der Molkereien zu flächendeckenden Absprachen über die Verkaufspreise. Die Einkäufer pochten auf „Margenneutralität“. Das heißt, bei höheren Einkaufspreisen sollte die Marge des Händlers gleichbleiben. Um dies zu erreichen, verlangten die Einkäufer von ihren Lieferanten, „empfohlene Verkaufspreise“ festzusetzten und diese auch den Wettbewerbern mitzuteilen. So sollte erreicht werden, dass auch die Mitbewerber entsprechende Preiserhöhungen bei den betroffenen Produkten vornehmen. Zum Nachweis der Umsetzung hatten die Lieferanten dem Konzern jeweils Preisspiegel bzw. Kassabons der Wettbewerber zu übermitteln. Diese Forderung des Konzerns wurde von den Lieferanten auch jeweils befolgt; sie erwirkten regelmäßig, wenn auch nicht in allen Fällen, im Sinne der Vorgabe des Konzerns eine entsprechende Verkaufspreisanpassung auch bei den Wettbewerbern des Konzerns.

Die Entscheidungen

Das Kartellgericht verhängte am 26. 11. 2014 über die Spar-Unternehmen wegen der vertikalen Verkaufspreisabstimmungen eine Geldbuße von drei Mio. Euro.

Der Oberste Gerichtshof hat infolge von Rekursen der BWB und der betroffenen Unternehmen die Geldbuße auf 30 Mio. Euro erhöht.

Die Begründung: Es ist kartellrechtlich unzulässig, dass ein Abnehmer den Lieferanten dazu bewegt, ein bestimmtes Preisniveau bei anderen Abnehmern durchzusetzen. Bei den festgestellten Verhaltensweisen handelt es sich um die Ausprägungsform einer komplexen Kernbeschränkung, die sich insofern von einer „klassischen“ Verkaufsabsprache unterscheidet, als hier die vertikalen Preisabstimmungen (unter anderem in Form der vereinbarten „Margenneutralität“) durch ausgeprägte horizontale Elemente der „Absicherung“ der vertikalen Vereinbarungen im Hinblick auf das horizontale Verhältnis zwischen Wettbewerbsunternehmen der Handelsebene in ihrer kartellrechtlichen Schädlichkeit noch verstärkt wurden.

Der OGH zur Höhe der Geldbuße

Zur Höhe der Geldbuße führt der Senat aus, dass ein Bußgeld nur dann abschreckend wirkt, wenn dessen Höhe und Wahrscheinlichkeit den zu erwartenden Kartellgewinn übersteigt. Daher ist die theoretisch optimale Höhe der Geldbuße für einen Wettbewerbsverstoß der Betrag des erlangten Gewinns zuzüglich einer Marge, die garantiert, dass die Zuwiderhandlung nicht Folge eines rationalen Kalküls ist. Die Festsetzung einer kartellrechtlichen Geldbuße ist eine Ermessensentscheidung, bei der neben den gesetzlichen Bemessungsfaktoren die Umstände des Einzelfalls und der Kontext der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen sind. Es handelt sich dabei um eine rechtliche und wirtschaftliche Gesamtwürdigung aller Umstände.

Der vorliegende Kartellrechtsverstoß ist, gemessen an den Kriterien Schwere (Kernverstoß), Dauer (zehn Jahre), Vorsatzgrad und Finanzkraft des betroffenen Konzerns, jeweils als deutlich überdurchschnittlich anzusehen. Der betroffene Konzern hat sein Verhalten zudem auch noch nach Hinweisen auf die Rechtswidrigkeit durch den Österreichischen Verband der Markenartikelindustrie fortgesetzt. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass sich das festgestellte Verhalten nur auf einen kleinen Teil der vom Konzern angebotenen Produkte bezog. Der Senat hält daher eine Geldbuße von 30 Mio. Euro für angemessen, was etwa 3,5 Prozent der gesetzlich möglichen Obergrenze (zehn Prozent des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes) entspricht.

Weblink
Die Entscheidung im Volltext (OGH, 8. 10. 2015, 16 Ok 2/15b, 8/15k)

(Quelle: OGH)

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