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Schäden am Fluggepäck: Airlines müssen über "Wertdeklaration" nicht aktiv aufklären

Fluggesellschaften müssen Passagiere nicht aktiv auf die Möglichkeit einer "Wertdeklaration" zu ihren Gepäckstücken, mit welcher Haftungshöchstgrenzen des Beförderers bei einem Transportschaden aufgehoben werden, hinweisen. Das hat der OGH in einem aktuellen Urteil entschieden.
Von Redaktion
01. Februar 2013

Der Vater des Klägers buchte bei der Wiener Niederlassung der beklagten Luftverkehrsgesellschaft einen Flug von Wien über Istanbul nach Beirut. Beim Check-in gab er zunächst zwei Koffer auf und wurde darauf aufmerksam gemacht, dass eine weitere Tasche, die er als Handgepäck mitnehmen wollte, zu groß sei und ebenfalls nur als Reisegepäck aufgegeben werden könne. Darin befanden sich auch Wertgegenstände und Unterlagen, deren Wert den Höchstbetrag von 1.000 Sonderziehungsrechten (894,64 EUR) überstiegen. Die Angestellte der beklagten Partei warf zwar kurz einen Blick auf den Inhalt der Tasche, wies aber nicht auf die Möglichkeit einer Interessendeklaration (Angabe eines über die Haftungshöchstgrenze hinausgehenden Werts) hin. In der Folge gab der Vater des Klägers auch die Tasche als normales Reisegepäck auf. Diese kam beschädigt im Libanon an und es fehlten Gegenstände. Dass der Schaden durch Verlust und Beschädigung jedenfalls den Betrag von 894,64 EUR ausmachte, ist nicht mehr strittig.

Der Vater des Klägers trat seine Ansprüche aus dem Schadensfall an den Kläger ab. Dieser brachte vor, dass das beklagte Luftfahrtunternehmen wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten nach nationalem (österreichischem) Recht über die Begrenzung des Montrealer Übereinkommens hinaus hafte.

Diese Ansicht lehnt der OGH (OGH 17. 12. 2012, 10 Ob 47/12b) nach ausführlicher Auseinandersetzung mit Art 29 des Montrealer Übereinkommens (MÜ) und dem Verhältnis zwischen Schadenersatzansprüchen nach dem MÜ und nach dem nationalen Recht ab. Demnach ergibt sich aus dem MÜ keine Verpflichtung von Luftfahrtunternehmen, den Reisenden beim Einchecken oder bei Abschluss des Beförderungsvertrags auf die Möglichkeit einer Wert- oder Interessendeklaration hinzuweisen. Das Luftfahrtunternehmen haftet also trotz fehlender Aufklärung für abhanden gekommenes oder beschädigtes Reisegepäck nur im Rahmen des Höchstbetrages gem Art 22 Abs 2 MÜ. Dem Passagier wurde folglich nur der Haftungshöchstbetrag nach Art 22 Abs 2 MÜ (894,64 EUR) als Schadenersatz zuerkannt, das Mehrbegehren von 7.216,86 EUR wurde in allen Instanzen abgewiesen.

Art 29 MÜ („Grundsätze für Ansprüche“) beschränkt einen Anspruch auf Schadenersatz bei der Beförderung von Reisenden, Reisegepäck und Gütern, auf welchem Rechtsgrund er auch beruht, dahin, dass ein solcher nur unter den Voraussetzungen und mit den Beschränkungen geltend gemacht werden kann, die in diesem Übereinkommen vorgesehen sind. Auch die behauptete Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht (Aufklärungspflicht) unterliegt dieser im Montrealer Übereinkommen geregelten Beschränkung. Für die Anwendung darüber hinausgehender nationaler (Schadenersatz-) Vorschriften bleibt daher kein Platz. Da das Erstgericht ohnehin den im Montrealer Übereinkommen vorgesehenen Haftungshöchstbetrag zuerkannt hat, besteht kein weiterer Anspruch auf Schadenersatz.

Hinweise

(OGH/ LexisNexis Rechtsredaktion / KP)

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