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SEPA-Verordnung: Diskriminiert Deutsche Bahn ausländische Kunden?

Der OGH ersucht den EuGH um Auslegung des Art 9 Abs 2 der SEPA-Verordnung: Kann die Zahlung an die Deutsche Bahn im SEPA-Lastschriftverfahren von einem Wohnsitz des Zahlers in Deutschland abhängig gemacht werden?
Von Redaktion
22. Januar 2018

Der Sachverhalt

Die Deutsche Bahn AG (DB) bietet – auch österreichischen Kunden – die Buchung von internationalen Bahnfahrten per Internet und Handy an. In ihren Bedingungen ermöglicht sie mehrere Zahlarten, nämlich per Kreditkarte, per SOFORT-Überweisung oder per SEPA-Lastschriftverfahren. Voraussetzung für den SEPA Lastschrifteinzug von Zahlungen ist ein Wohnsitz in Deutschland. Außerdem ist für die Freischaltung zum SEPA-Lastschriftverfahren die Einwilligung zu einer Bonitätsprüfung erforderlich.

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Frage, ob Art 9 Abs 2 der SEPA-Verordnung eine solche Wohnsitzklausel verbietet. Nach Art 9 Abs 2 der SEPA Verordnung darf ein Zahlungsempfänger nicht vorgeben, in welchem Mitgliedstaat das Zahlungskonto des Zahlers zu führen ist.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) erhob beim Handelsgericht Wien eine Unterlassungsklage gegen die DB: Ein Verbraucher unterhält sein Zahlungskonto regelmäßig in seinem Wohnsitzstaat. Dem Verbraucher als Voraussetzung für die kundenfreundliche Zahlung mittels Lastschrift vorzuschreiben, er müsse einen Wohnsitz in Deutschland begründen, führe zu einer noch schwerwiegenderen Auflage als es die Eröffnung eines Zahlungskontos in Deutschland wäre. Nach Ansicht des VKI steht die Wohnsitzklausel dem Zweck der SEPA-Verordnung entgegen, einen integrierten Markt für elektronische Zahlungen ohne Unterscheidung zwischen Inlands  und grenzüberschreitenden Zahlungen zu schaffen.

Die DB argumentierte, dass die SEPA-Verordnung dem Schutz des Zahlungsverkehrs und nicht dem Schutz des Zahlers dient. Eine Verpflichtung, sämtlichen potenziellen Zahlern das SEPA-Lastschriftverfahren unterschiedslos und unionsweit anbieten zu müssen, bestehe nicht. Den Kunden stünden immer noch andere Zahlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Vereinbarung eines inländischen Wohnsitzes sei außerdem sachlich gerechtfertigt, denn beim SEPA-Lastschriftverfahren erhalte der Zahlungsempfänger keine Zahlungsgarantie vom Zahlungsdienstleister, weshalb eine Bonitätsprüfung notwendig sei. Eine Bonitätsprüfung für Kunden mit Wohnsitz in Österreich sei aber beispielsweise um das 15-fache teurer als für Kunden mit Wohnsitz in Deutschland.

Die Entscheidungen

Das Gericht erster Instanz (Handelsgericht Wien) gab dem Klagebegehren – bezogen auf Verbraucher mit Wohnsitz in Österreich – statt. Die Klausel verstoße gegen Art 9 Absatz 2 der SEPA-Verordnung.
Das Gericht zweiter Instanz (Oberlandesgericht Wien) änderte diese Entscheidung ab und wies das Klagebegehren ab. Die SEPA-Verordnung verpflichte Unternehmen nicht dazu, SEPA-Zahlungsinstrumente im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in jedem Fall zu akzeptieren.

Nach Ansicht des Oberstes Gerichtshofs regelt die SEPA-Verordnung auch das Verhältnis zwischen Zahlungsempfängern und Zahlern und schützt auch den Zahler. Art 9 der SEPA-Verordnung verbietet Zahlern und Zahlungsempfängern die Vorgabe, in welchem Mitgliedstaat das Konto das Gegenparts zu führen ist, und bezieht sich insoweit auf das privatrechtliche (Zahlungs-)Verhältnis zwischen Zahlern und Zahlungsempfängern. Nach seinem Wortlaut verbietet Art 9 Abs 2 der SEPA-Verordnung zwar nur das Abstellen auf den Ort des Zahlungskontos. Wenn die SEPA-Verordnung auch das Verhältnis zwischen Zahlern und Zahlungsempfängern regelt, kann die Forderung eines Zahlungsempfängers mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat, das SEPA-Lastschriftverfahren nur für Zahler mit Wohnsitz im selben Mitgliedstaat zuzulassen, eine Umgehung des Art 9 Abs 2 der SEPA-Verordnung darstellen. Das Konto eines zahlenden Verbrauchers wird in der Regel in jenem Staat geführt, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.

Das Vorabentscheidungsersuchen ist beim EuGH anhängig.

Weblink

Das Vorabentscheidungsersuchen im Volltext (OGH, 10 Ob 36/17t, 20.12.2017)

(Quelle: OGH)

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