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OGH: Verkaufswettbewerb als Bestechung?

Ist einem Reiseveranstalter, der sich mit einem Verkaufswettbewerb an Reisebüro und deren Mitarbeiter wendet, unlautere Bestechung vorzuwerfen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Oberste Gerichtshof in einem aktuellen Urteil.
Von Redaktion
18. März 2019

Sachverhalt

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit dem statuarischen Vereinszweck der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in allen Wirtschaftszweigen. Die erstbeklagte Gesellschaft betreibt das Reisebürogewerbe und veranstaltet insbesondere Pauschalreisen. Der Zweitbeklagte ist ihr alleiniger Geschäftsführer.

Die Beklagten kündigten im Online-Auftritt einer touristischen Fachzeitschrift einen Verkaufswettbewerb an, in dem sie sich an ihre Agenturvertragspartner (Reisebüros) und deren Verkaufsmitarbeiter richteten. Demnach wird jener Agent ermittelt, der in einem bestimmten Monat die meisten Buchungsabschlüsse für bestimmte Destinationen der Erstbeklagten vorweisen kann. Zu gewinnen gibt es zwei Flugtickets nach Irland, eine Drohne oder einen Reisegutschein von 75 Euro.

Der Kläger begehrt Unterlassung und warf den Beklagten einen Verstoß gegen das Bestechungsverbot des § 10 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) vor. Es sei ganz offenkundig, dass die Erstbeklagte durch den Verkaufswettbewerb eine Bevorzugung ihrer Reisen erreichen und deren Verkauf daher mit unlauteren Mitteln fördern wolle.

Die Beklagten bestritten die Unlauterkeit ihres Vorgehens. Die Erstbeklagte vertreibe ihre Pauschalreisen an Endkunden u.a. über Reisebüros als Reisevermittler. Grundlage dafür sei jeweils ein sogenannter Agenturvertrag, der Vermittlungsprovisionen vorsehe. Den Reisebüros käme daher die Stellung eines Handelsvertreters zu.

Entscheidung des OGH

Der Oberste Gerichtshof änderte die stattgebende Entscheidung des Berufungsgerichts ab und stellte das abweisende Urteil des Erstgerichts wieder her (OGH, 4 Ob 252/18i, 29.01.2019).

Entscheidend ist, dass das Gesetz die Strafbarkeit (bzw. die Wettbewerbswidrigkeit) davon abhängig macht, dass der Begünstiger eine Bevorzugung durch unlauteres Verhalten des Begünstigten erreichen will. Ziel der Vorteilszuwendung muss daher die unlautere Bevorzugung sein. Allein aus dem jedem (Gewinnchancen eröffnenden) Wettbewerb zweifellos innewohnenden Ansporneffekt lässt sich die für § 10 UWG erforderliche unlautere Bevorzugung aus dem Verkaufswettbewerb noch nicht ableiten. Denn nur mit der Förderung des Bemühens nach möglichst hohen Verkaufszahlen liegt noch kein unsachliches Element vor, das geeignet wäre, den Leistungswettbewerb zu verfälschen.

Mit ihrem Verkaufswettbewerb sprechen die Beklagten zudem nicht beliebige Dritte an, sondern allein Vertragspartner (Unternehmer von Reisebüros) und deren Erfüllungsgehilfen, die auch ohne Verkaufswettbewerb dazu verpflichtet sind, sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Reisen der Erstbeklagten zu bemühen. Während § 10 UWG auf eine Bevorzugung abstellt, auf die kein Anspruch besteht, sind die mit dem Verkaufswettbewerb angesprochenen Personen auch ohne einen solchen Wettbewerb verpflichtet, die Interessen der Erstbeklagten bestmöglich zu fördern.

Diesen Personen kann damit nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass sie bei ihrer Vermittlungstätigkeit statt der Anwendung von sachlichen Kriterien bei der Beratung (zB Bezugnahme auf Leistung, Preis, Konditionen des Reisevertrags, besondere Kundenwünsche etc.) allein wegen einer in Aussicht gestellten Gewinnchance dazu übergehen, die Erstbeklagte unlauter zu bevorzugen und die Kunden unsachlich (irreführend, falsch, selektiv etc.) zu beraten.

(Quelle: OGH)

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