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Knoblauchsuppe mit Trauben und Melonen

Manche Speisen verblüffen durch ihre Zusammenstellung. Mindestens ebenso erstaunlich ist aber auch so manche Aussage, die höchstgerichtlichen Entscheidungen entnommen werden kann.
Von Mag. Barbara Tuma
18. März 2011

Dem Erfindungsreichtum des Menschen scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein – weder in der Küche noch vor Gericht. Dass die Höchstgerichte daher manchmal Konstatierungen auftischen, die ein wenig exotisch anmuten, liegt nicht an den Höchstrichtern selbst, sondern an den Vorbringen der Verfahrensparteien und deren verzweifeltem Versuch, so viele Zutaten wie möglich in den gerichtlichen Kochtopf zu werfen – in der Hoffnung, dass eine davon der fertigen Speise den gewünschten Geschmack verleiht.

So entstehen dann ­also – wie in zwei ganz frischen Entscheidungen – Leckerbissen wie diese:

  • Ein Flugdach aus Holz ist kein Wasserbecken (2007/05/0247).

  • Ein Flugzeug ist kein Bauwerk (2 Ob 166/10s).

Im ersten Fall stammen die Zutaten aus der NÖ Bauordnung: Regenwassersammelanlagen sind als Wasserbecken mit einem Fassungsvermögen bis zu 50 m3 bewilligungsfrei. Um die fehlende Baubewilligung für das bereits errichtete Flugdach zu rechtfertigen, behauptete der Beschwerdeführer also, das Flugdach diene dem Sammeln von Regenwasser.

Wesentlich ernster ist der Hintergrund der zweiten Entscheidung: Ein im Freien geparktes Flugzeug war von einer Sturmböe erfasst, aus seiner Verankerung gerissen und durch die Luft gewirbelt worden; dabei verursachte es einen Schaden von mehr als 100.000 Euro. Zur Haftung für diesen Schaden sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass den Flugzeughalter keine Gefährdungshaftung trifft, wenn das Flugzeug ordnungsgemäß abgestellt und gesichert war. Schadenersatzansprüche gegen den Halter des aus der Verankerung gerissenen Flugzeugs  könnten aber auch nicht auf die Bauwerkhaftung nach § 1319 ABGB gestützt werden, weil … siehe oben.

In den Entscheidungsgründen dieses Urteils verweist der Oberste Gerichtshof übrigens auch auf eine frühere Entscheidung, in der er es abgelehnt hat,  einen auf einem Messegelände ausgestellten Traktor mit aufgebauter Baggerschaufel als Bauwerk zu qualifizieren.

Diese Entscheidung macht aber auch wieder eine andere Tücke bewusst, auf die man achten sollte, wenn man sich auf frühere Rechtsprechung beruft: Die Klägerin hatte nämlich darauf verwiesen, dass der Oberste Gerichtshof schon auch einmal aufeinandergestapelte Müllcontainer als Bauwerk behandelt hatte. In jener Entscheidung war allerdings die Beurteilung der Container als Bauwerk durch die Vorinstanzen von den Parteien nicht bekämpft worden und der Oberste Gerichtshof führte lediglich im Rahmen der Zurückweisung der Revision aus, die Meinung des Berufungsgerichts entspreche der sonstigen Rechtsprechung zum Begriff des „Werks“.

Fazit und Gourmetkritik: Nicht jede Zutat beeinflusst den Geschmack in gewünschter Weise – aber bitte versuchen Sie es weiterhin. So manches Schmankerl , das dabei herauskommt, ist einfach köstlich!

PS: Falls Sie übrigens ein Kochrezept für „Knoblauchsuppe mit Trauben und Melonen“ suchen und mit dieser Frage nicht die Höchstgerichte befassen wollen, hier ein passender Link: http://www.vegetarische-rezepte.com/vegetarischerezepte/knoblauchsuppe-mit-trauben-melonen.php

Autoren

Barbara Tuma

Mag. Barbara Tuma

Mag. Barbara Tuma ist seit mehr als dreißig Jahren als juristische Fachredakteurin in der LexisNexis-Redaktion tätig. Bei ihrer Arbeit erhält sie – in allen Rechtsbereichen – Einblick in die neuest...