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Kapitalmarktrecht: EuGH präzisiert Begriff der Insider-Information

Um Insider-Geschäfte zu verhindern, muss eine Information offengelegt werden, auch wenn ihr Besitzer nicht weiß, welchen genauen Einfluss sie auf den Kurs der Finanzinstrumente haben wird. Das hat nun der Europäische Gerichtshof klargestellt.
Von Redaktion
13. März 2015

Eine EU-Richtlinie verbietet Insider-Geschäfte und verpflichtet die Emittenten von Finanzinstrumenten, jede präzise Information zu veröffentlichen, die geeignet ist, den Kurs der betreffenden Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen. In einer anderen Richtlinie heißt es, dass eine Information dann „präzise“ ist, wenn sie als Grundlage für die Beurteilung dienen kann, ob die Kurse der betreffenden Finanzinstrumente durch die Umstände, auf die sie sich bezieht, beeinflusst werden können.

Anlassfall: Lafonta vs. AMF

Im vorliegenden Fall schloss der Finanzinvestor Wendel 2006 und 2007 mit vier Banken Verträge über „Total Return Swaps“. Diese Kreditderivate zum Ertragstransfer bezogen sich auf insgesamt 85 Mio. Aktien des Baustoffherstellers Saint-Gobain und verschafften dem Investor eine wirtschaftliche Beteiligung an Saint-Gobain. 2007 traf Wendel offiziell die Entscheidung, die wirtschaftliche Beteiligung am Bauunternehmen in physischen Aktienbesitz umzuwandeln, und erwarb so mehr als 66 Mio. Aktien von Saint-Gobain und damit etwa 17,6 Prozent des Gesellschaftskapitals.

Die französische Finanzmarktbehörde (AMF) kam nach einer Prüfung des Falls zum Schluss, dass Wendel von Anfang an vorgehabt habe, eine erhebliche Beteiligung am Kapital von Saint-Gobain zu erwerben. Die Transaktion sei mithin als veröffentlichungspflichtige Insider-Information zu betrachten. Wendel und ihrem Vorstandsvorsitzenden Jean-Bernard Lafonta wurde eine Geldbuße von je 1,5 Mio. Euro auferlegt.

Vorbringen der Streitparteien

Jean-Bernard Lafonta bekämpfte diese Entscheidung vor Gericht und berief sich darauf, dass die Information über besagte Transaktion nicht habe veröffentlicht werden müssen. Sie sei nicht hinreichend präzise gewesen, um einen Schluss auf ihre mögliche positive oder negative Auswirkung auf den Kurs der Aktien von Wendel zuzulassen.

Die AMF hielt dem entgegen, dass es für die Einstufung einer Information als präzise unerheblich sei, ob sich eine finanzielle Transaktion positiv oder negativ auswirke. Entscheidend sei, ob eine Auswirkung auf den Aktienkurs erwartet werde.

Der französische Kassationsgerichtshof bat den Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens nun um Präzisierungen zu dieser Frage.

EuGH-Entscheidung: „Präzise Information“, ein weiter Begriff

Mit Urteil vom 11. März 2015 stellt der Gerichtshof fest, dass aus dem Wortlaut der Richtlinien nicht hervorgeht, dass präzise Informationen nur solche sein können, mit denen sich bestimmen lässt, in welche Richtung sich der Kurs der betreffenden Finanzinstrumente ändert. Lediglich sehr allgemeine Informationen, die keine Schlussfolgerung über ihre möglichen Auswirkungen auf den Kurs der betreffenden Finanzinstrumente zulassen, können als nicht präzise angesehen werden.

Denn, so der Gerichtshof: Könnte eine Information nur dann als präzise angesehen werden, wenn sich mit ihrer Hilfe bestimmen ließe, in welche Richtung sich der Kurs der betreffenden Finanzinstrumente ändern wird, dann könnte der Besitzer der Information vorgeben, dass insoweit Unsicherheit bestehe, um sich einer Veröffentlichung bestimmter Informationen zu enthalten und so zum Nachteil anderer Marktteilnehmer von ihnen zu profitieren.

Weblink

Urteil in der Rechtssache C-628/13 (Jean-Bernard Lafonta/Autorité des marchés financiers)

(Quelle: EuGH/ KP)

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