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KSW: Auswirkungen von COVID-19 auf Unternehmensbewertungen

Eine Expertengruppe der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) hat fachliche Hinweise ausgearbeitet, die sich mit Fragen zu den Auswirkungen von COVID-19 auf Unternehmensbewertungen auseinandersetzen. Diese fachlichen Hinweise befassen sich im Wesentlichen mit dem Stichtagsprinzip, der Planung der finanziellen Überschüsse sowie der Ermittlung der Kapitalkosten.
Von Redaktion
22. April 2020

Stichtagsprinzip

Unternehmenswerte sind zeitpunktbezogen und werden stets für einen bestimmten Bewertungsstichtag festgestellt. Die Höhe des Unternehmenswerts hängt demnach entscheidend von den Verhältnissen am Bewertungsstichtag ab.

Für Bewertungsstichtage bis zum 31. Dezember 2019 waren die globalen Auswirkungen von COVID-19 nach Ansicht der Arbeitsgruppe noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2019 gilt grundsätzlich, dass die Erkennbarkeit zum jeweiligen Stichtag länder- und einzelfallspezifisch zu beurteilen ist. Dabei ist auf das konkrete Geschäftsmodell und die räumlichen Aktivitäten des zu bewertenden Unternehmens Bedacht zu nehmen. Ist die Erkennbarkeit zu bejahen, sind die Auswirkungen auf die zukünftigen finanziellen Überschüsse des zu bewertenden Unternehmens grundsätzlich in jenem Umfang zu berücksichtigen, der sich auf Basis des zum Bewertungsstichtag bei angemessener Sorgfalt zu erlangenden Informationsstands mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten ließ.

Finanzielle Überschüsse

Sind Auswirkungen von COVID-19 nach Maßgabe des Stichtagsprinzips bei der Planung der finanziellen Überschüsse zu berücksichtigen, ist sowohl negativen als auch positiven Effekten von COVID-19 Rechnung zu tragen. Neben negativen Effekten wie etwa Umsatzausfällen und Ertragseinbrüchen sind daher auch etwaige staatliche Unterstützungen zur Kompensation von wirtschaftlichen Nachteilen einzubeziehen.

Ist die Berücksichtigung dieser Effekte mit einer erheblichen Erhöhung der Planungsunsicherheit verbunden, so wird empfohlen, der erhöhten Unsicherheit durch die Ableitung von Erwartungswerten für die finanziellen Überschüsse aus Szenarien, denen Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet werden, zu begegnen; pauschale Abschläge von den zu diskontierenden finanziellen Überschüssen oder Zuschläge zum Diskontierungssatz sind nicht zulässig.

Kapitalkosten

Auf Aktienmärkten war zu beobachten, dass sich die impliziten Marktrenditen ab 24. Februar 2020 drastisch erhöht haben, anschließend aber bis Ende März 2020 wieder gesunken sind und das Niveau vor dem Kursverfall nahezu wieder erreicht haben.

Für Zeiträume ab Ende März 2020 lassen sich daher aus dieser Entwicklung nach Ansicht der Arbeitsgruppe keine Anhaltspunkte für ein – gegenüber dem Niveau vor dem Beginn des Kursverfalls – nachhaltig wesentlich erhöhtes Renditeniveau ableiten, wiewohl die Volatilitäten auf den Aktienmärkten aktuell noch immer deutlich über dem Vor-Krisen-Niveau liegen. Die Arbeitsgruppe hält es vor diesem Hintergrund für sachgerecht, sich bei der Festlegung der erwarteten Marktrisikoprämie (vor persönlichen Steuern) weiterhin an einer Bandbreite der nominellen Marktrendite von 7,5 % bis 9,0 % zu orientieren.

Bei der Schätzung zukünftiger Beta-Faktoren auf Basis historischer Daten ist zu beurteilen, inwieweit die erhobenen Beta-Faktoren das zukünftige systematische Risiko des zu bewertenden Unternehmens in dem durch COVID-19 veränderten Umfeld angemessen widerspiegeln.

Conclusio

Die fachlichen Hinweise der KSW geben wertvolle Hilfestellung zu den wesentlichen Fragen der Unternehmensbewertung im aktuellen Umfeld. Für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2019 sind die Auswirkungen von COVID-19 in Abhängigkeit des konkreten Geschäftsmodells einzelfallspezifisch zu beurteilen. Ergibt sich dadurch eine erhöhte Unsicherheit bei der Planung der finanziellen Überschüsse, so wird empfohlen, unterschiedliche Szenarien zu analysieren. Für die Ableitung der Kapitalkosten bleibt die Arbeitsgruppe bei ihrer bisherigen Empfehlung der Renditebandbreite; es lässt sich aber eine Einordnung im oberen Bereich entnehmen.

(Quelle: LexisNexis Rechtsredaktion; Autor: Victor Purtscher; KPMG Alpen-Treuhand GmbH)

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