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EuGH-Entscheidung: Erstmals muss „Kronzeuge“ Kartellbuße zahlen

Der EuGH hat eine Entscheidung der EU-Kommission über die Verhängung einer Kartellstrafe in Höhe von 30 Millionen Euro gegen einen italienischen Rohtabakhersteller jetzt bestätigt. Dies, obwohl das Unternehmen im Rahmen der EU-Kronzeugenregelung als erstes das Bestehen des Kartells aufgedeckt hatte.
Von Redaktion
12. September 2011

Es handelt sich um den ersten Fall, in dem die Kommission dem Unternehmen, das im Rahmen der Kronzeugenregelung als erstes das Bestehen eines Kartells aufgedeckt hat, keinen endgültigen Erlass der Geldbuße gewährt hat, weil es gegen seine „Pflicht zur Zusammenarbeit“ verstoßen hat.

Bei dem Unternehmen handelt es sich um die italienische Deltafina, eine 100-Prozent-Tocher der amerikanischen Gesellschaft Universal Corp., die auf dem Gebiet der Verarbeitung von Rohtabak und der Vermarktung von verarbeitetem Tabak tätig ist.

Die Vorgeschichte

Im Jahr 2005 verhängte die Kommission Geldbußen in Höhe von insgesamt 56 Millionen Euro gegen mehrere Unternehmen wegen deren Beteiligung an einem Kartell auf dem italienischen Rohtabakmarkt zwischen 1995 und 2002. Deltafina hatte im Rahmen der seit 2002 vorgesehenen Kronzeugenregelung als erstes Unternehmen die Kommission auf das Bestehen des Kartells hingewiesen. Die Kommission hatte ihr deshalb zu Beginn des Verwaltungsverfahrens einen bedingten Erlass der Geldbuße gewährt.

Verstoß gegen die „Pflicht zur Zusammenarbeit“

In einer späteren Entscheidung vertrat die Kommission jedoch die Auffassung, dass Deltafina gegen die ihr obliegende Pflicht zur Zusammenarbeit verstoßen habe, da sie bei einer Sitzung der Associazione professionale trasformatori tabacchi italiani (Berufsverband der italienischen Rohtabakverarbeiter) freiwillig und ohne die Kommission zu informieren gegenüber ihren Wettbewerbern ihren bei der Kommission gestellten Antrag auf Erlass der Geldbuße offengelegt habe, bevor diese Gelegenheit gehabt habe, Nachprüfungen in Bezug auf das betreffende Kartell vorzunehmen.

EU-Kommission verwehrt erstmals den vollen Erlass der Geldbuße

Am Ende des Verwaltungsverfahrens gelangte die Kommission daher zum Ergebnis, dass Deltafina die Geldbuße nicht erlassen werden könne und wegen ihrer Beteiligung an dem betreffenden Kartell somit eine Geldbuße gegen sie zu verhängen sei. Die Kommission würdigte allerdings die Mitwirkung von Deltafina an der Untersuchung als mildernden Umstand und reduzierte deren Geldbuße um die Hälfte. Sie verurteilte Deltafina somit gesamtschuldnerisch mit ihrer Muttergesellschaft Universal Corp. zur Zahlung einer Geldbuße von 30 Millionen Euro.

Es handelt sich um die erste Entscheidung, in der die Kommission, nachdem sie zu Beginn des Verwaltungsverfahrens einen bedingten Erlass gewährt hatte, nicht anschließend am Ende des Verwaltungsverfahrens einem „Kronzeugen“ auch einen endgültigen Erlass der Geldbuße gewährte.

Mit ihrer Klage vor dem Gericht hat Deltafina die Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung in Zweifel gezogen.

EuGH gibt EU-Kommission Recht

Der EuGH hat nun die Kommissionsentscheidung, Deltafina keinen endgültigen Erlass der Geldbuße zu gewähren, gebilligt. Denn das Verhalten von Deltafina, so das Gericht, habe nicht von einem „echten Geist der Zusammenarbeit“ gezeugt. Abgestellt wird hier darauf, dass Deltafina die Stellung des Antrags auf Erlass der Geldbuße offengelegt hatte, ohne die Kommission darüber zu informieren.

Auch die Höhe der Geldbuße von 30 Millionen Euro bestätigt der EuGH als der Schwere der Vergehen angemessen.

Mehr Informationen zum Fall finden Sie hier.

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Redaktion

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