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Erlebnisse eines Compliance-Verantwortlichen: Der Modekritiker

Ein Compliance-Verantwortlicher erzählt. – Diesmal von einer Besprechung auf höchster Ebene über eine Modeerscheinung, die schon vorübergehen wird. Oder doch nicht?

07. April 2015

"Worum geht’s da?", fragt der Erste.

"Was soll das sein?", der Zweite.

Und beide wollen wissen "Wofür brauchen wir denn sowas?"

Der Dritte sitzt dabei und schweigt.

"Na ja, wir sollten uns eben mit dem Thema Compliance beschäftigen. Wir als Management und wir als Unternehmen."

"Na, na, na", der Erste.

Meint er nein, nein, nein? Oder eben nur na, na, na? Wer weiß, denk ich mir. Auch egal.

"So geht das nicht!", sekundiert der Zweite

"Genau!", der Erste.

"Ich habe hier dieses Konzept für Sie vorbereitet", höre ich mich sagen und schiebe ein Papier über den Tisch. Power Point ist hier nicht erwünscht. Muss ja nicht sein.

"Was? Ich darf nicht mehr einladen wen ich will und wohin ich will?", blafft der Erste.

"Ohne Frau zu den Festspielen? Was haben Sie sich dabei gedacht?", der Zweite.

"Na ja, Sie haben alle eine Haftung nach dem Aktiengesetz und – im worst case – eine Haftung nach dem Strafrecht", meine ich. "Wir sollten daher wirklich überlegen, eine Dienstanweisung für Geschenke und Einladungen in Kraft zu setzen."

"Wieso?", fragt der Erste.

"Doch nicht wegen der Haftung, oder?", der Zweite.

"Genau deswegen!"

"Also, nur damit ich das richtig verstehe. Das würde dann aber nur für unsere Mitarbeiter gelten, diese Vorschriften wegen den Einladungen, oder?", will der Erste wissen.

"Wär ja noch schöner, wenn ich keine Geschenke mehr annehmen dürfte. Grad vor Weihnachten ist das immer so nett!", sagt der Zweite.

"Ähm, das würde alle verpflichten. Somit auch Sie!", sage ich.

"Wieso?", fährt mich der Erste an.

"Ja, wieso eigentlich?", deutlich lauter der Zweite.

"Na ja, wegen dem Gesetz. Und der Vorbildwirkung", antworte ich schon etwas genervt. Echt, mir ist es ja wirklich egal. Sollen die Herren doch machen, was sie wollen.

"Was wir hier oben machen, geht die Leute unten aber wirklich nichts an!", stellt der Erste fest.

"Genau!", der Zweite.

"Und überhaupt. Was kümmert mich das Gesetz? Wissen Sie, was die im Parlament damit machen können?", der Erste.

Nein, will ich eigentlich gar nicht wissen.

"Kollegen!", meldet sich der Dritte zu Wort. "Ich hab mir das genau überlegt. Wir machen das nicht!", setzt er fort. "Das ist nur eine Modeerscheinung. Das geht vorbei. Das tauchen wir durch. Und damit ist die Diskussion beendet. Basta."

Ich packe meine Unterlagen, verabschiede mich und gehe.

Ein Jahr später lese ich in der Zeitung, dass der Erste, der Zweite und der Dritte abberufen worden sind. Wegen irgend so einem modischen Fauxpas.

Hinweis

Die Blog-Serie "Erlebnisse eines Compliance-Verantwortlichen" handelt von den Erfahrungen eines Compliance Officers aus einem österreichischen Unternehmen Tag für Tag, in den "Mühen der Ebene". Aus naheliegenden Gründen bleibt der Verfasser ungenannt. Die Berichte sind authentisch.

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