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Die Vergaberechts-Novelle 2015 aus Compliance-Sicht

Die jüngste Reform des Vergaberechts bringt zwar keine tiefgreifenden, immerhin aber einige wesentliche Änderungen für Auftraggeber und Bieter. Der folgende Beitrag liefert einen knappen Überblick über die aus Compliance-Sicht wichtigsten Neuerungen.
Von Dr. Johannes Barbist , Mag. Markus Pinggera LL.M. (LSE)
01. März 2016 / Erschienen in Compliance Praxis 1/2016, S. 6

Im Dezember 2015 hat der Gesetzgeber das „Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 und das Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 geändert werden“ (BVergG-Novelle 2015) beschlossen.1 Einige Neuerungen werden auch Anpassungen der Compliance-Organisation sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Bieterseite erforderlich machen (Überarbeitung von Musterdokumenten, Adaption von Standardprozessen etc):

1.  Mehr Transparenz bei Subunternehmern

Entgegen der bisherigen Rechtslage müssen Bieter künftig alle in den Auftrag involvierten Subunternehmer bereits im Angebot bekanntgeben. Subunternehmer können in der Phase der Vertragsausführung nur mehr aus sachlichen Gründen und mit Zustimmung des Auftraggebers ausgetauscht werden. In bestimmten Konstellationen kann der Auftraggeber sogar vorschreiben, dass kritische Leistungsteile von den Bietern selbst auszuführen sind. Damit werden Bieter, wenn sie es nicht „aus eigenem schaffen“, in eine Bietergemeinschaft gedrängt, da eine derartige Anforderung in den Ausschreibungsunterlagen über Subunternehmer nicht mehr erfüllt werden könnte. Unternehmer, die im Rahmen von öffentlichen Vergabeverfahren bis dato Subunternehmer herangezogen haben oder selbst Subunternehmer waren, sollten sich daher strategisch positionieren und vertragliche Vorkehrungen mit ihren Geschäftspartnern treffen.

Zur besseren Lesbarkeit wird auch eine Legaldefinition des Begriffs „Subunternehmer“ in das BVergG 2006 aufgenommen. Umfasst sind alle Unternehmer, die mit dem Auftragnehmer in die Auftragsdurchführung vertraglich eingebunden sind (Übernahme eines Leistungsteils des Auftrags samt Ausführung in Eigenverantwortung). Ein Lieferant handelsüblicher Waren und Bestandteile gilt nicht als Subunternehmer, solange er das gelieferte Produkt nicht selbst einbaut.

2.  Forcierung des „Bestbieterprinzips“

Das Bestbieterprinzip wird gegenüber dem Billigstbieterprinzip weiter gestärkt.

Dies erfolgt erstens durch die Umschreibung von Kategorien von Aufträgen, für die der Zuschlag zwingend „dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot“ zu erteilen ist. Dazu zählen unter anderem: geistige Dienstleistungen, Ausschreibung mit im Wesentlichen funktionaler Leistungsbeschreibung oder offener formulierten vertraglichen Spezifikationen, Bewertung der gesamten Lebenszykluskosten und Bauaufträge mit einem geschätzten Auftragswert von mindestens einer Million Euro.

Es handelt sich dabei um jene typischen Konstellationen, in denen die Qualität der angebotenen Leistungen besondere Bedeutung hat und demgemäß der (niedrigste) Preis als allein ausschlaggebendes Kriterium ausgeschlossen werden soll. Gleichzeitig will der Gesetzgeber damit den Preisdruck auf Subunternehmer dämpfen. Auftraggeber müssen daher ihre Ausschreibungsunterlagen in diesen Fällen in den Abschnitten Leistungsbeschreibung und Zuschlagskriterien anpassen.

Überdies wird die Zweifelsregel gestrichen: Damit erhält der Billigstbieter nicht mehr automatisch den Zuschlag, wenn der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen (unzulässigerweise) kein Zuschlagsprinzip angegeben hat.                                                                                                                                                  

3.  Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping

Der Auftraggeber hat fortan verpflichtend eine Auskunft aus der Verwaltungsstrafevidenz der Wiener Gebietskrankenkasse als Kompetenzzentrum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfung (Kompetenzzentrum LSDB) einzuholen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Bieter und Subunternehmer automatisch auch von Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, wenn ihnen die Dienstleistung gemäß § 7k AVRAG wegen besonders gravierender oder wiederholter Verstöße gegen arbeits- und sozialrechtliche Vorschriften untersagt ist. Die Abfrage ist zudem bei der Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit von Bietern und Subunternehmern zu berücksichtigen.

Ausblick

Neben den beschriebenen Änderungen sind diverse Anpassungen an jüngste Entwicklungen in der österreichischen und europäischen Rechtsprechung vorgesehen. Die BVergG-Novelle 2015 soll mit 1. 3. 2016 in Kraft treten. Die Neuerungen sollten daher in den internen Prozessen von Auftraggebern und Bietern abgebildet werden und in die unternehmensstrategischen Überlegungen einbezogen werden.

Fußnoten

  1. Damit die Novelle wie geplant in Kraft treten kann, müssen die Länder noch ihre Zustimmung erteilen (Art 14b Abs 4 B-VG). Die Frist dafür läuft bis zum 22. 2. 2016. Bei Abgabe dieses Beitrags waren die Zustimmungen einiger Länder noch ausständig.   ^

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Dr. Johannes Barbist

Dr. Johannes Barbist, M.A. (Limerick) ist Partner bei Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH Wien-Innsbruck. Er ist auf Fragen des öffentlichen Wirtschafts-, Umwelt- und Kartellrecht spezialisiert und...

Mag. Markus Pinggera LL.M. (LSE)

Mag. Markus Pinggera, LL.M. (LSE) ist Rechtsanwalt bei BINDER GRÖSSWANG Rechtsanwälte Wien – Innsbruck. Er ist auf europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht sowie Compliance-Themen spezialisie...