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Abschlussprüfungen: Brüssel will mehr Qualität & Wettbewerb

Die EU-Kommission hat heute Vorschläge vorgelegt, um mehr Qualität und Wettbewerb in den auf wenige große Player konzentrierten Markt der Wirtschaftsprüfer zu bringen.
Von Redaktion
30. November 2011

Die Finanzkrise habe das Vertrauen der Verbraucher in Abschlussprüfungen erschüttert, ist Binnenmarktkommissar Michel Barnier überzeugt.

Vor allem große Finanzinstitute hätten bei Abschlussprüfungen unmittelbar vor und während der Krise uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erhalten, trotz Schwächen der finanziellen Solidität. Auch in aktuellen Kontrollberichten der nationalen Aufsichtsbehörden werde die Qualität der Abschlussprüfungen kritisiert.

Jetzt sollen die Mängel des aktuellen Systems ausgemerzt werden. Barnier: „Mit den heutigen Vorschlägen werden die derzeitigen Schwächen des EU-Markts für Abschlussprüfungen angegangen. Interessenkonflikte werden beseitigt, die Unabhängigkeit gestärkt und eine solide Aufsicht gewährleistet; gleichzeitig wird auf einem Markt, der insbesondere an der Spitze zu stark konzentriert ist, größere Diversität angestrebt.“

Mit dem Punkt „Diveristät“ spricht Barnier Bedenken hinsichtlich möglicher Interessenkonflikte sowie der Gefahr der Anhäufung von Systemrisiken an, da der Markt de facto von vier großen Gesellschaften beherrscht wird, nämlich Deloitte, Ernst & Young, KPMG und PricewaterhouseCoopers („die großen Vier“).

Kernpunkte des Vorschlags für mehr Qualität, Dynamik und Offenheit auf dem Markt für Abschlussprüfungen

Obligatorische Rotation der Prüfungsgesellschaften: Die Prüfungsgesellschaften werden (mit einigen Ausnahmen) nach einer Beschäftigungszeit von maximal sechs Jahren rotieren müssen. Danach soll eine Karenzzeit von vier Jahren gelten, ehe die Prüfungsgesellschaft wieder beim gleichen Mandanten tätig werden darf. Der Zeitraum, nach dessen Ablauf ein Wechsel erfolgen muss, kann auf neun Jahre erhöht werden, wenn gemeinsame Abschlussprüfungen durchgeführt werden, d. h. wenn das geprüfte Unternehmen für seine Abschlussprüfung mehr als eine Prüfungsgesellschaft bestellt, um die Qualität der Abschlussprüfung durch Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ potenziell zu erhöhen. Gemeinsame Abschlussprüfungen werden nicht verbindlich vorgeschrieben, damit aber gefördert.

Obligatorische Ausschreibung: Unternehmen von öffentlichem Interesse sollen bei der Auswahl eines neuen Abschlussprüfers zu einem offenen und transparenten Ausschreibungsverfahren verpflichtet werden. Der Prüfungsausschuss (des geprüften Unternehmens) sollte eng in das Auswahlverfahren einbezogen sein.

Prüfungsfremde Leistungen: Prüfungsgesellschaften dürfen für ihre Mandanten keine prüfungsfremden Leistungen erbringen. Zudem müssen große Prüfungsgesellschaften ihre Prüfungstätigkeiten von den prüfungsfremden Leistungen trennen, um jede Gefahr von Interessenkonflikten auszuschließen.

Europäische Beaufsichtigung des Prüfungsgewerbes: Angesichts des globalen Umfelds von Abschlussprüfungen sollte bei der Beaufsichtigung von Prüfungsnetzen sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene Koordinierung und Zusammenarbeit gewährleistet sein. Deshalb schlägt die Kommission eine Koordinierung der Prüferaufsicht im Rahmen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtbehörde (ESMA) vor.

Ausübung des Berufs des Abschlussprüfers in ganz Europa: Die Kommission plant die Schaffung eines Binnenmarkts für Abschlussprüfungen mittels Einführung eines Europäischen Passes für Prüfungsgesellschaften und schlägt deshalb vor, dass Prüfungsgesellschaften ihre Leistungen in der gesamten EU anbieten dürfen und sämtliche Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bei ihren Abschlussprüfungen die internationalen Prüfungsstandards einhalten müssen.

Weniger Bürokratie für kleinere Prüfungsgesellschaften: KMU sollen die Standards dem Vorschlag zufolge nach Maßgabe ihrer Größe anwenden können.

Die Vorschläge sind unter folgender Adresse abrufbar:

http://ec.europa.eu/internal_market/auditing/reform/index_de.htm

(Quelle: EU-Kommission/ red)

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