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26. Netzwerktreffen: Das A&O der Kartellrechts-Compliance

LexisNexis und die Kanzlei Taylor Wessing luden am Mittwoch ins Wiener Museumsquartier zum jüngsten Compliance Netzwerktreffen. Am Podium tastete man sich gemeinsam mit dem Leiter der Bundeswettbewerbsbehörde an einen Kriterienkatalog für wirksame Kartellrechts-Compliance heran.
Von Redaktion
19. Oktober 2017 / Erschienen in Compliance Praxis 4/2017, S. 44

Das Compliance Netzwerk Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, die lebendige Diskussion rund um Compliance zwischen Praktikern, Gesetzgeber, Aufsicht und Beratern nach Kräften zu fördern. Im Fall Kartellrecht führt die kontinuierliche Debatte nun zu einem Umdenken bei der Aufsichtsbehörde. Dies zeigte sich auf dem letzten Netzwerktreffen, zu dem LexisNexis und Taylor Wessing eingeladen hatten.

Vertrat die Bundeswettbewerbsbehörde bis vor kurzem noch die Ansicht, dass in Kartellverfahren das Vorhandensein eines Compliance-Management-Systems (CMS) bei einem beteiligten Unternehmen nicht strafmildernd gewertet werden könne, hört man jetzt von BWB-Direktor Dr. Theodor Thanner neue Töne.

Im Podiumsgespräch mit Gastgeber und Moderator Mag. Martin Eckel, Partner bei Taylor Wessing, sowie Mag. Jutta Buchholzer, Compliance Managerin beim Biopharmaunternehmen Celgene, kündigte Dr. Thanner für Anfang nächsten Jahres einen Standpunkt der BWB zum Thema Compliance-Management-Systeme an.

Am Podium

  • Mag. Jutta Buchholzer, Compliance Manager, Celgene GmbH

  • Dr. Theodor Thanner, Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde

  • Moderation: Mag. Martin Eckel, Partner & Head of Compliance CEE, Taylor Wessing

Awareness ist gestiegen

Einig war man sich auf dem Podium zunächst, dass das Kartellrecht generell wachsende Aufmerksamkeit erfährt. Anspielend auf medienwirksame Kartellverfahren im Lebensmittelhandel sagte Mag. Buchholzer: „Auch Firmenchefs lesen Zeitung und überlegen sich, was so ein Verstoß für ihr eigenes Unternehmen bedeuten würde.“ Zudem sei die BWB präsenter, aktiver geworden.

BWB-Direktor Thanner veranschaulicht den Bewusstseinswandel am Beispiel Spritpreise. Tankstellenbetreiber seien fallenden Preisen an der Rotterdamer Rohölbörse lange Zeit nur mit großem Respektabstand gefolgt. Heute herrscht bei den Spritpreisen Transparenz. Zudem lasse sich die steigende Awareness an der zunehmenden Zahl spezialisierter Kartellrechtskanzleien ablesen.

Mitarbeiter schulen und Vertrauen schaffen!

Worauf kommt es nun aber an, um ein CMS als wirksam bezeichnen zu können? Das fragte Moderator Martin Eckel. „Ich gebe Ihnen ein Wort: Training“, so Jutta Buchholzer. Sie zeigte sich überzeugt, dass E-Learning nie Präsenzschulungen ersetzen könne: „Im direkten Kontakt kann man neuen Mitarbeitern erklären, wie das Unternehmen tickt, bei älteren Kollegen stellen wir eingefahrene Prozesse in Frage.“ Am allerwichtigsten sei es jedoch, eine Vertrauensbasis zu schaffen, damit Trainingsteilnehmer sich trauen, offen mit den Compliance-Verantwortlichen zu sprechen. So würden substanzielle Hinweise auf Fehlverhalten auch weniger über die Whistleblower-Hotline hereinkommen, sondern als direkte Meldung an den Compliance Officer.

Welche Kriterien zählen für die BWB?

Wie eingangs erwähnt, kündigte Dr. Thanner einen Kriterienkatalog für die Ausgestaltung von CMS an: „Wir betreiben sehr viel Investigation in Österreich, daher ist es legitim, über CMS nachzudenken.“ Jutta Buchholzer hielt, aus Firmensicht, fest: „Wenn ein Unternehmen sich abmüht und alles in seiner Macht Stehende tut, damit nichts passiert, dann wäre es ein harter Schlag, wenn diese Bemühungen nicht anerkannt würden.“

Auf Details, was genau in dem Standpunkt stehen wird, ließ sich der Behördenleiter vorerst noch nicht festnageln: „Wir werden uns die österreichische, holländische, europäische, brasilianische Praxis anschauen und dann die Schlüsse ziehen.“ Im „Dezember, Jänner, Februar“ werde man „10 bis 15 Kriterien“ publizieren. Nur so viel: „Compliance geht über Training hinaus, es geht um Commitment auch der Chefs, um Qualität, Nachvollziehbarkeit, Kooperation, Professionalität.“ Nicht gefragt sei „heiße Luft“. Auch die Kooperation bei Hausdurchsuchungen, etwa das proaktive Offenlegen relevanter Dokumente, gehöre ins Paket.

Ob es eine öffentliche Konsultation zu dem Papier geben wird, ließ Dr. Thanner offen, doch stellte er in Aussicht: „Möglicherweise werden wir das wieder in diesem Rahmen diskutieren.“

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