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„Kann ich’s meinen Kindern erzählen?“

Interview. Im November letzten Jahres wurde der Österreichische Compliance Officer Verbund / ÖCOV ins Leben gerufen. Compliance Praxis fragte den Vereinsvorsitzenden Roman Sartor nach den Motiven für die Gründung und die Ziele des ÖCOV.
Von Mag. Klaus Putzer
03. März 2014 / Erschienen in Compliance Praxis 1/2014, S. 48

Im Interview

Roman Sartor, © Foto: Privat
Roman Sartor

Interview. Im November letzten Jahres wurde der Österreichische Compliance Officer Verbund / ÖCOV ins Leben gerufen. Compliance Praxis fragte den Vereinsvorsitzenden Roman Sartor nach den Motiven für die Gründung und die Ziele des ÖCOV.



Compliance Praxis: Wie ist es zur Idee gekommen, in Österreich einen Verein für Compliance Officer zu gründen?

Mag. Roman Sartor: Es war an der Zeit, den Compliance-Gedanken in Österreich auf einer möglichst breiten Basis zu fördern: Die Stellung von Compliance in Unternehmen zu stärken, eine Plattform zur Förderung und Unterstützung der Compliance Officer zu bieten und den Begriff Compliance mehr und mehr einer gesetzlichen Verankerung näher zu bringen – das alles hat uns angetrieben. Nach der formellen Vereinsgründung fand dann im November 2013 die konstituierende Generalversammlung statt.

Welche Ziele setzt sich der ÖCOV?

Wir sehen uns als Interessenvertretung für all jene, die im Compliance-Bereich tätig sind. Ein wesentlicher Schwerpunkt werden die Arbeitsgruppen sein. Der Vorstand hat sich dazu im Jänner 2014 zunächst auf die vier bewusst weit gefassten Themenkreise „Organisation & Struktur“, „Kartellrecht“, „Korruption & Missbrauch“ und „Kapitalmarktrecht“ verständigt. Unser Wunsch ist es, möglichst viele engagierte Mitglieder zu finden, die ihre Erfahrungen und ihr Wissen in diese vier Arbeitsgruppen einbringen. Die Ergebnisse aus diesen Gruppen sollen rasch umgesetzt werden. Weitere Zielsetzung ist die Teilnahme am öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs und die Weiterentwicklung und Festigung unseres Berufsbildes.

Was verstehen Sie persönlich unter „Compliance“?

Ich beantworte die Frage nach Compliance und der damit untrennbar verbundenen Integrität immer gerne mit der Frage: „Kann ich’s meinen Kindern erzählen?“ Wir alle haben in unserer Kindheit Regeln und Werte vermittelt bekommen. Wir haben im Rahmen unserer Ausbildungen und durch die private und berufliche Erfahrung Neues dazu gelernt und leben jetzt in einem Regelwerk mit unseren Werten und Moralvorstellungen. Die entscheidende Frage, die sich für mich stellt, ist: „Kann ich abends meinen Kindern erzählen, was ich in der Arbeit gemacht habe, wie ich gehandelt habe?“ Oder muss ich etwas verschweigen? Lebe ich nach den Regeln und den Werten, die ich tagtäglich selbst vermittle?

Wer kann Mitglied des ÖCOV werden?

Alle natürlichen und juristischen Personen in Österreich, die im Bereich Compliance tätig sind.

Wie viele Mitglieder hat der Verein derzeit?

Zurzeit haben wir bereits mehr als 80 Mitglieder. Ich denke, dass das ein sehr guter Beginn ist, der Freude auf mehr macht.

Ist die Mitgliedschaft mit Kosten verbunden?

Wir wollten ganz bewusst von vornherein mögliche Hürden für eine Mitgliedschaft, wie etwa finanzielle Überlegungen, hintanstellen. Daher gibt es keinen Mitgliedsbeitrag im materiellen Sinn. Wir erhoffen uns Beiträge der Mitglieder durch ihr aktives Engagement, so zum Bespiel in den erwähnten Arbeitsgruppen. Dank der Kooperation mit LexisNexis und der Unterstützung anderer Unternehmen, etwa bei der Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten für Sitzungen oder Veranstaltungen, kommen wir bisher auch ganz gut ohne Mitgliedsbeiträge aus.

Wie setzt sich der aktuelle Vorstand, dem Sie vorsitzen, zusammen?

Wir haben in jeder Hinsicht eine sehr breite und ausgewogene Zusammensetzung des Vorstandes mit drei Frauen und drei Männern aus dem Finanzbereich, der Industrie, dem öffentlichen Bereich. Das ist uns auch beim Beirat gelungen. Anders als im Beirat sind im Vorstand bewusst keine Berater vertreten. Wir wollten damit ein klares Zeichen setzen, dass wir eine Interessenvertretung „von Compliance Officer für Compliance Officer“ sind und nicht eine mögliche Akquisitionsplattform darstellen.

Wie haben sich die Gremien konstituiert?

Die Vorstands- und Beiratsnominierung fand im Rahmen der ersten Generalversammlung statt. Wir haben das sehr pragmatisch gemacht und die anwesenden Mitglieder gefragt, wer Interesse an einer Funktion hat, ohne das im Vorfeld abzuklären. Ich habe das sehr spannend gefunden.

In Deutschland gibt es gleich mehrere Compliance-Verbände. Planen Sie hier Kooperationen?

Ja, selbstverständlich werden wir uns international weiter vernetzen, um möglichst viel vom Erfahrungsschatz unserer Kollegen, zum Beispiel in Deutschland oder der Schweiz, zu profitieren. Die Grenze soll aber nicht mit diesen beiden Ländern gezogen sein.

Warum engagieren Sie sich für diesen Verein?

Zum einen bin ich bin seit vielen Jahren in diesem Bereich tätig und habe in einem Konzernunternehmen unmittelbar den Aufbau eines Compliance-Systems miterlebt und mitgestaltet und möchte meine vielfältigen Erfahrungen einbringen. Zudem habe ich in vielen Gesprächen festgestellt, dass Compliance noch lange nicht den notwendigen Stellenwert hat. Compliance soll nicht nur als Element zur Einhaltung von Regeln oder als verwalteter Anstand gesehen werden, sondern als unverzichtbares Herzstück zur Verwirklichung integren und verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns.

 

Weitere Informationen

Website des ÖCOV mit allgemeinen Informationen, Beitrittsformularen und den Vereinsstatuten auf www.oecov.at
Kontakt per E-Mail: Vorstand: vorstand@oecov.at / Beirat: beirat@oecov.at



Autoren

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Mag. Klaus Putzer

Mag. Klaus Putzer war von 2010 bis 2023 Redakteur bzw. Chefredakteur der Compliance Praxis. Zuvor war er in mehreren Verlagen als leitender Redakteur im Magazinbereich tätig bzw. arbeitete als frei...