Mindestlohn: EU-Parlament billigt neue Regeln
19. September 2022
Am vergangenen Mittwoch hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit neue Rechtsvorschriften (vgl. Infobox) über angemessene Mindestlöhne in der EU angenommen.
Die EU-Vorschriften, die im Juni mit dem Rat vereinbart worden waren, sollen die Arbeits- und Lebensbedingungen aller Arbeitnehmer in der EU verbessern und Fortschritte in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht bewirken. Sie legen Mindestanforderungen an die Angemessenheit der in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bzw. Tarifverträgen vorgesehenen gesetzlichen Mindestlöhne fest und sollen dafür sorgen, dass die Erwerbstätigen wirksameren Zugang zum Mindestlohnschutz erhalten.
Die neue Richtlinie gilt für alle Arbeitskräfte in der EU, die einen Arbeitsvertrag haben oder in einem Arbeitsverhältnis stehen. EU-Mitgliedstaaten, in denen der Mindestlohn bereits ausschließlich mithilfe von Tarifverträgen geschützt ist, sind nicht verpflichtet, diese Regeln einzuführen oder diese Vereinbarungen allgemein verbindlich zu machen.
Hälfte des nationalen Durchschnittsgehalts als Zielwert
Für die Festlegung des Mindestlohns sind auch künftig die Mitgliedstaaten zuständig. Sie müssen jedoch dafür sorgen, dass ihre nationalen Mindestlöhne den Erwerbstätigen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Dabei sind die Lebenshaltungskosten und das allgemeine Lohnniveau zu berücksichtigen. Für die Beurteilung der Angemessenheit ihrer geltenden gesetzlichen Mindestlöhne können die Mitgliedstaaten einen Korb von Waren und Dienstleistungen zu realen Preisen festlegen oder ihn auf 60% des Bruttomedianlohns und 50% des Bruttodurchschnittslohns festsetzen.
Förderung von Tarifverhandlungen
Tarifverhandlungen auf bereichsspezifischer und branchenübergreifender Ebene müssen gemäß den neuen Vorschriften gefördert und gestärkt werden. In Staaten, in denen für weniger als 80 % der Erwerbstätigen Tarifverträge gelten, müssen die Mitgliedstaaten unter Einbeziehung der Sozialpartner Aktionspläne erstellen, um den Prozentanteil zu erhöhen.
Überwachung und Recht auf Rechtsbehelf
Nach der Vereinbarung müssen die EU-Staaten ein Durchsetzungssystem einrichten: Mithilfe zuverlässiger Überwachung, Kontrollen und Vor-Ort-Inspektionen soll für die Einhaltung der Vorschriften gesorgt und gegen missbräuchliche Untervergabe, Scheinselbständigkeit, nicht erfasste Überstunden oder die Steigerung der Arbeitsintensität vorgegangen werden.
Nächste Schritte
Der Rat dürfte die Vereinbarung im September formell billigen. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, um der Richtlinie nachzukommen.
Quelle: EU-ParlamentAutoren

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