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„Karenzzeit“: EuGH zur Beschäftigung eines Abschlussprüfers im geprüften Unternehmen

Der EuGH hat entschieden: Während einer „Karenzzeit“ von mindestens einem Jahr darf ein Abschluss- oder Rechnungsprüfer in dem geprüften Unternehmen keine zentrale Führungsposition übernehmen.
Von Redaktion
12. April 2021

Zu einem finnischen Vorabentscheidungsersuchen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer aktuellen Entscheidung (s. Infobox) u.a. Folgendes festgestellt:  

Für den Fall, dass ein Abschlussprüfer von einem geprüften Unternehmen eingestellt wird, sieht die EU-Abschlussprüfungsrichtlinie eine Karenzzeit von mindestens einem Jahr nach Einstellung seiner Tätigkeit als Abschlussprüfer im Zusammenhang mit dem Prüfungsauftrag vor. Bei Unternehmen von öffentlichem Interesse beträgt die Karenzzeit zwei Jahre. Während dieses Zeitraums darf ein solcher Abschluss- oder Rechnungsprüfer keine zentrale Führungsposition in dem geprüften Unternehmen „übernehmen“.

Mit diesem Verbot will der Unionsgesetzgeber insbesondere verhindern, dass der Prüfer in die Versuchung gerät, seine eigenen gegenwärtigen oder potenziellen Interessen zu begünstigen, indem er einen Bestätigungsvermerk erstellt, der einem solchen Unternehmen gefällig ist und den dieses kurz- oder mittelfristig belohnen würde, indem es ihm eine zentrale Führungsposition anböte.

Schon das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen einem Abschlussprüfer und einem geprüften Unternehmen und sogar die Aufnahme entsprechender Verhandlungen sind geeignet, nicht nur zu einem Interessenkonflikt zu führen, sondern darüber hinaus den Anschein davon zu erwecken. Selbst nach Beendigung des Prüfungsauftrags bei diesem Unternehmen kann die Aushandlung oder die Begründung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Prüfer und diesem Unternehmen ausreichen, um bei Dritten rückwirkend Zweifel an der Qualität und Integrität der Prüfung zu wecken.

Eine zentrale Führungsposition innerhalb eines geprüften Unternehmens „übernimmt“ der Abschlussprüfer bereits dann, sobald er – wie hier – mit diesem Unternehmen einen Arbeitsvertrag für diese Position schließt, auch wenn er seine Tätigkeit in dieser Position noch nicht tatsächlich aufgenommen hat.

Das Urteil im Volltext

Quelle: LexisNexis Rechtsnews

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