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– wie können Compliance Officer darauf reagieren? Die Entwicklung der Sanktionen in 2022 zeigt einmal mehr, wie wichtig eine strukturierte Methode bei der Analyse von neuen regulatorischen Entwicklungen sein kann. Die Teilnehmenden eines Fachseminars in 2021 wären wohl auf die Entwicklungen der letzten Monate nur unzureichend vorbereitet gewesen, wenn sie sich dort lediglich mit den Details der bestehenden Sanktionsmaßnahmen beschäftigt hätten. 
Von Tassilo W. Amtage
13. Juni 2022

Entscheidend ist vielmehr, die Arten und Strukturen der Sanktionen zu studieren, um neue Maßnahmen schneller in ein systematisches Verständnis einordnen zu können.

Allein seit Februar - und nur in Bezug auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine - gab es seitens der EU in den bisher fünf „Paketen“ mehr als 30 offizielle Verkündungen neuer Verordnungstexte im Amtsblatt. Und erfahrene Praktiker wissen, dass man auch den Blick auf das dem US-Finanzministerium untergeordnete Office of Foreign Assets Control (OFAC) richten muss, bei dem mehr als 20 Veröffentlichungen zu verzeichnen waren. In beiden Fällen kommen noch zahlreiche Aktualisierungen der begleitenden Materialien (z.B. Frequently Asked Questions – FAQs) hinzu.

Die optimale Herangehensweise eines für dieses Thema verantwortlichen Compliance Mitarbeiters hängt zunächst vom Geschäftsprofil seines Arbeitgebers ab, denn die Vielzahl der Sanktionsmaßnahmen werden von unterschiedlicher Relevanz sein. Ein Finanzdienstleister muss sich z.B. in der Regel weniger um Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen kümmern, es sei denn, er ist an der Finanzierung solcher Handelsgeschäfte beteiligt. Ein mittelständischer Maschinenbauer wird sich kaum mit den Ausnahmetatbeständen der Finanzsanktionen auseinandersetzen müssen, sollte dafür aber die Beschränkungen in Bezug auf seine Güter und Märkte kennen.

Es ist des Weiteren wichtig, Finanzsanktionen von der Vielzahl andersartiger Maßnahmen zu unterscheiden. Die zwei Bestandteile der Finanzsanktionen, das Verfügungs- und das Bereitstellungsverbot, führen im Ergebnis (vereinfacht betrachtet) dazu, dass sämtliche Geschäfte mit den dort genannten Personen untersagt sind.

Bis 2014 war damit der Umgang mit Personen auf einer Sanktionsliste weitgehend fachlich geklärt. Dann wurden die sogenannten Sektoralen Sanktionen eingeführt. Plötzlich standen weitere (juristische) Personen auf einer Liste, die aber nicht mit den bekannten Finanzsanktionen belegt waren, sondern für die andere Regeln galten. Es war eben nicht jegliches Geschäft verboten, sondern nur bestimmte Kredit- und Wertpapiergeschäfte. Daneben gab es einige Finanzierungsverbote in Bezug auf bestimmte Güter und Technologien.

Die Vielfalt dieses Instrumentariums wurde in den oben genannten fünf Sanktionspaketen nun weiterentwickelt. Besonders die diversen Verbote der Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen sind an unterschiedliche Kriterien geknüpft (Güter, Technologien, Dienstleistungen, Regionen, Personen). Hinzu kamen auch schwellenwertbezogene Einlagenverbote.

Es mag politisch nachvollziehbar sein, dass diese Maßnahmen höchst differenziert konzipiert und abgestimmt werden, um die jeweils damit verbundene außenpolitische Wirkung (vor allem Eskalation) mit Augenmaß voranzutreiben. Das Ergebnis ist jedoch ein binnen kürzester Frist entstehendes strafbewehrtes Regelwerk, dass dem betroffenen Praktiker viele Fragen im Rahmen der konkreten Umsetzung stellt.  

Ein strukturelles Verständnis der Entstehung, Analyse und Anwendung solcher Regelungen kann hier der Schlüssel zur erfolgreichen Reduzierung des Risikos für das eigene Unternehmen und dessen Mitarbeiter sein. Dies wird in den Zertifizierungslehrgängen „Certified Compliance Professional“ und „European Certified Compliance Professional“ an der Frankfurt School durch erfahrene Praktiker nicht nur für Sanktionen und Embargos, sondern für alle Compliance-Themen vermittelt. Durch systematische Einführungen gepaart mit Fallbeispielen lernen die Teilnehmenden den Umgang mit den Compliance-Themen von heute und den Risiken von morgen.  

Autoren

Tassilo W. Amtage

Stellvertretender Geldwäschebeauftragter, UBS Europe SE und Dozent an der Frankfurt School of Finance & Management