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TI-AC: Noch immer kaum Transparenz im Gesundheitswesen

Einer Studie zufolge legen die wenigsten Pharmafirmen Zuwendungen an Ärzte offen, wie es seit Mitte des Jahres auf freiwilliger Basis vorgesehen wäre. TI Österreich fordert daher eine verbindliche gesetzliche Regelung.
Von Redaktion
07. November 2016

Selbstverpflichtung auf „Disclosure Code“

Im Jahr 2013 haben Pharmafirmen des europäischen Branchenverbandes EFPIA eine freiwillige Initiative zur Offenlegung von Zuwendungen an medizinische Einrichtungen und Ärzte, den sogenannten Disclosure Code, beschlossen.

In Österreich wurde im Jahr 2014 eine entsprechende Regelung von den Mitgliedsunternehmen des österreichischen Branchenverbands Pharmig in den Verhaltenscodex aufgenommen und auch mit der Ärztekammer abgestimmt.

Demnach müssen die Firmen bis zum Ende des 1. Halbjahres alle geldwerten Leistungen, die im Vorjahr an Angehörige der Fachkreise, wie etwa an Ärzte und andere Gesundheitsberufe sowie an Institutionen (Health Care Organisations) geflossen sind, auf ihren Websites offenlegen – grundsätzlich unter namentlicher Nennung der Empfänger. Nur sofern dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich sein sollte, darf die Meldung in aggregierter Form – also zusammengefasst und ohne Namensnennung – erfolgen.

„Wir begrüßen die jüngsten Initiativen der Pharmabranche, denn Transparenz ist ein wichtiger Schritt bei den Bemühungen, Korruption einzudämmen“, so Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International – Austrian Chapter (TI-AC). „Wie befürchtet, sorgen diese jedoch nicht für ausreichend Transparenz im Gesundheitswesen. Daher ist eine verpflichtende gesetzliche Regelung analog zum Sunshine Act in den USA dringend notwendig.“

Volle Transparenz als Ausnahme

Denn laut einer Studie des Ludwig Boltzmann Instituts für Health Technology Assessment (LBI HTA) haben nur 69 von 115 Pharmig-Mitgliedsunternehmen ihre Zuwendungen an Angehörige der Fachkreise und Institutionen für das Jahr 2015 auf ihren Websites offengelegt. 20 Unternehmen meldeten, dass sie keine geldwerten Leistungen verteilt haben, die restlichen 26 gaben keine Stellungnahme ab.

Insgesamt wurden 104,1 Mio. Euro an Zuwendungen deklariert, von denen 22,4 Mio. direkt an Fachkreise, das heißt an Ärztinnen und Ärzte, in Form von Honoraren, Reise-, Übernachtungs- und Tagungsgebühren sowie Spesenersatz geflossen sind. Der Rest wurde in Forschung und Entwicklung – dazu zählen unter anderem auch Anwendungsbeobachtungen und andere Studien nach der Zulassung – investiert (54,0 Mio. Euro) oder ging an Organisationen, wie beispielsweise Fachgesellschaften, Universitäten und Krankenanstalten (27,7 Mio. Euro).

Von den 22,4 Mio. Euro, die direkt an Ärzte flossen, wurden wiederum nur 3,8 Mio. Euro, das heißt nur rund 17 Prozent, mit dem Namen des Empfängers publiziert, die Offenlegung der übrigen 18,6 Mio. Euro erfolgte aggregiert ohne Namensnennung.

Damit verfolgt nur eine Minderheit der Pharmafirmen in Österreich eine strenge „No consent-No contract“-Politik, gemäß der sie nur mehr mit jenen Ärzten Verträge abschließen, die auch einer namentlichen Veröffentlichung zustimmen.

TI-AC: „Reine Augenauswischerei“

„Die bisherige Offenlegungspraxis ist reine Augenauswischerei und weit entfernt von Transparenz“, resümiert Franz Piribauer, Leiter der Arbeitsgruppe Gesundheitswesen bei TI-AC. „Wir fordern eine gesetzliche Verpflichtung zur namentlichen Veröffentlichung und ein zentrales Veröffentlichungsregister.“

Die Studie des LBI HTA ist unter http://eprints.hta.lbg.ac.at/1107/ abrufbar.

(Quelle: TI-AC)

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