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OGH zur Haftung einer Bank für falsche Auskünfte

Eine Bank haftet für Strafverteidigungskosten von Personen, die aufgrund falscher Kundenregistrierung und falscher Auskünfte der Bank zu Unrecht angeklagt wurden. Die korrekte Kundenidentifizierung schützt auch die Interessen von zur Abhebung von Losungswortsparbüchern berechtigten Personen.
Von Redaktion
23. Juni 2020

Anlassfall

Zwei Brüder eröffneten am selben Tag in derselben Bankfiliale Sparbücher. Die Bank registrierte irrtümlich einen der Brüder auch als Inhaber der in Wahrheit dem anderen gehörenden Losungswort-Sparbücher mit jeweils weniger als 15.000 Euro Einlage. Jahre später lösten Verwandte des wahren Inhabers dessen drei Sparbücher in dessen Auftrag auf. Die Bank erteilte dem Sohn des „falschen“ Inhabers die Auskunft, die angeblich seinem Vater gehörenden Sparbücher seien bereits behoben worden. Im aufgrund der Strafanzeige des Sohnes eingeleiteten Strafverfahren benannte die Bank gegenüber der Staatsanwaltschaft die Schwiegertochter des „echten“ Inhabers als bei der Auflösung der angeblich seinem Vater gehörenden Sparbücher identifizierte Abheberin; diese wurde in der Folge gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter wegen schweren Betrugs angeklagt. Auch gegenüber dem Gericht wiederholte die Bank die falsche Zuordnung der Sparbücher. Da aber der Fehler der Bank aus den gleichzeitig übermittelten Kontounterlagen der Bank unzweifelhaft erkennbar war, wurden die Beschuldigten – auch auf Antrag der Staatsanwaltschaft – freigesprochen.

Die beiden Freigesprochenen begehrten von der beklagten Bank den Ersatz der Kosten der Strafverteidigung, vor allem der Anwaltskosten.

Die Bank bestritt, mit den beiden in Vertragsbeziehung zu stehen. Sie habe das Strafverfahren nicht verursacht, das auch nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der ursprünglichen Verwechslung der beiden Brüder stehe.

Die Vorinstanzen erkannten das Klagebegehen als dem Grunde nach zu Recht bestehend.

Entscheidung des OGH

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Bank gegen diese (Zwischen-) Urteile nicht Folge.

Die einschlägigen bankrechtlichen Vorschriften über die Identifizierung von Kunden räumen sowohl den materiell Berechtigten als auch den Personen, die das Sparbuch unter Nennung des Losungswortes vorlegen, einen direkten vertraglichen Anspruch auf Auszahlung ein. Daraus sind direkte vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten der Bank auch zugunsten der das Sparbuch berechtigterweise vorlegenden Personen – wie hier den Klägerinnen – begründet. Die richtige Zuordnung soll erkennbar auch die Vermögensinteressen aller zur Behebung Berechtigten schützen und es soll durch die strengen Vorschriften der Identifizierung vermieden werden, dass nichtberechtigte Personen Behebungen vornehmen. Damit ist auch das Interesse berechtigter Personen mitumfasst, nicht wegen der legitimen Ausübung ihrer vertraglichen Rechte der Strafverfolgung ausgesetzt zu werden, weil die Feststellung der Identität des Kunden und Überprüfung der Kundenidentität durch die Bank fehlerhaft war. Da die Bank aufgrund ihrer grob fehlerhaften Erfassung der Personenidentität ihres Vertragspartners, der schuldhaften Verletzung der vertraglichen Pflicht zur korrekten Zuordnung von bei ihr bestehenden Guthaben zu ihren Kunden und der daraus folgenden wiederholten Falschauskünfte über die materielle Berechtigung zu den Guthaben der drei Sparbücher die unberechtigte Strafverfolgung ausgelöst hat, hat sie die Kosten der Strafverteidigung zu ersetzen.

Über die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird das Erstgericht im weiteren Verfahren zu entscheiden haben.

Weblink

Volltext der Entscheidung (OGH 4 Ob 209/19t vom 28.01.2020)

(Quelle: OGH)

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Redaktion

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