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EuGH: Antworten in Berufs-Prüfung sind personenbezogene Daten

Die in einer Berufs-Prüfung gegebenen schriftlichen Antworten und Anmerkungen des Prüfers dazu stellen personenbezogene Daten des Prüflings dar. Für sie gilt grundsätzlich ein Auskunftsrecht. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden.
Von Redaktion
20. Dezember 2017

Als Trainee Accountant (Wirtschaftsprüfer/Steuerberater in Ausbildung) schaffte der Kläger Peter Nowak eine entscheidende Prüfung beim irischen Steuerberaterverband nicht. Mit einer Beschwerde versuchte Nowak 2009 das Prüfungsergebnis anzufechten. Nachdem diese Beschwerde zurückgewiesen worden war, verlangte er Auskunft über alle ihn betreffenden und im Besitz der Berufsorganisation der Wirtschaftsprüfer/Steuerberater befindlichen personenbezogenen Daten. Ihm wurden 17 Dokumente übermittelt, die Herausgabe der Prüfungsarbeit jedoch verweigert mit der Begründung, dass diese keine personenbezogenen Daten enthalte.

Ob diese Sichtweise zutrifft hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Anfrage des Obersten Gerichtshofs in Irland zu beantworten und hat sie nun verneint, u.a. mit den folgenden Erwägungen:

  • Ein Prüfling in einer berufsbezogenen Prüfung ist eine natürliche Person, die entweder direkt über ihren Namen oder indirekt über eine Kennnummer identifiziert werden kann. Ob der Prüfer den Prüfling bei der Korrektur der Prüfungsarbeit identifizieren kann, ist dabei unerheblich.

  • Die schriftlichen Antworten eines Kandidaten in einer berufsbezogenen Prüfung und etwaige Anmerkungen des Prüfers stellen Informationen über den Prüfling dar, denn sie sind mit seiner Person verknüpft. Der Inhalt dieser Antworten spiegelt nämlich den Kenntnisstand und das Kompetenzniveau des Prüflings in einem bestimmten Bereich sowie gegebenenfalls seine Gedankengänge, sein Urteilsvermögen und sein kritisches Denken wider. Zudem misst der Ausdruck „alle Informationen“ in der entsprechenden Richtlinie dem Begriff „personenbezogene Daten“ eine weite Bedeutung bei. Er ist damit nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt.

  • Auch die Anmerkungen des Prüfers zu den Antworten des Prüflings stellen Informationen über den Prüfling dar. Ein Prüfling hat ein auf dem Schutz seiner Privatsphäre aufbauendes berechtigtes Interesse daran, dem widersprechen zu können, dass die von ihm in der betreffenden Prüfung gegebenen Antworten und die Anmerkungen des Prüfers zu diesen Antworten ohne seine Zustimmung außerhalb des Prüfungsverfahrens verarbeitet und insbesondere an Dritte weitergegeben oder sogar veröffentlicht werden. Ebenso hat die Einrichtung, die die Prüfung organisiert, als für die Datenverarbeitung Verantwortliche sicherzustellen, dass diese Antworten und Anmerkungen so gelagert werden, dass ein unrechtmäßiger Zugang Dritter zu diesen Daten vermieden wird.

  • Der Gerichtshof stellt weiter fest, dass die gesetzlichen Rechte auf Auskunft und Berichtigung auch in Bezug auf Antworten in einer schriftlichen Prüfung gerechtfertigt sein können – zwar nicht im Sinne einer Korrektur falscher Antworten, aber sehr wohl, wenn sie z.B. irrtümlich mit Antworten eines anderen Prüflings vertauscht wurden.

Die schriftlichen Antworten eines Prüflings in einer berufsbezogenen Prüfung und etwaige Anmerkungen des Prüfers dazu sind somit einer Überprüfung – insbesondere im Hinblick auf ihre Richtigkeit und die Notwendigkeit ihrer Aufbewahrung – zugänglich. Der Umstand, dass einem Prüfling ein Recht auf Auskunft hinsichtlich dieser Antworten und dieser Anmerkungen eingeräumt wird, dient folglich dem Ziel der Richtlinie, den Schutz des Rechts auf Privatsphäre des betreffenden Prüflings in Bezug auf die Verarbeitung der ihn betreffenden Daten zu garantieren.

Der Gerichtshof weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Schutz des Grundrechts auf Achtung der Privatsphäre insbesondere voraussetzt, dass sich jede natürliche Person vergewissern kann, dass sie betreffende personenbezogene Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet werden.

Weblink

Volltext des Urteils vom 20.12.2017 (Rechtssache C 434/16)

(Quelle: EuGH)

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