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Annullierter Flug: Wann sind technische Probleme „außergewöhnlich“?

Fluglinien müssen Passagieren bei Annullierung eines Fluges Ausgleich leisten. Das gilt auch für den Fall technischer Probleme, es sei denn, es handelt sich um „außergewöhnliche“ Umstände. Präzisierungen dazu hat der EuGH vorgenommen.
Von Redaktion
23. September 2015

Sachverhalt

Im Anlassfall landete eine Passagierin der KLM auf einem Flug von Quito in Ecuador nach Amsterdam mit 29 Stunden Verspätung. Das Unionsrecht legt fest, dass in so einem Fall betroffenen Fluggästen Betreuungs- und Ausgleichsleistungen zustehen. Je nach Entfernung können das zwischen 250 und 600 Euro sein.

Flugunternehmen sind nur dann nicht zu einer Ersatzzahlung verpflichtet, wenn sie nachweisen können, dass die Annullierung auf „außergewöhnliche“ Umstände zurückgeht.

Eine ebensolche unvorhersehbare Kombination aus Mängeln machte KLM geltend: Gleich zwei Teile seien defekt gewesen, die erst per Flugzeug aus Amsterdam hätten geliefert und dann eingebaut werden müssen. Die durchschnittliche Lebensdauer der Teile sei dabei nicht überschritten gewesen.

Die Passagierin erhob Klage bei der Rechtbank Amsterdam, die dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Das niederländische Gericht möchte wissen, ob ein unerwartet auftretendes, technisches Problem, das nicht auf eine fehlerhafte Wartung zurückzuführen und auch nicht während einer regulären Wartung festgestellt worden ist, unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ fällt und somit das Luftfahrtunternehmen von seiner Ausgleichspflicht befreit.

Entscheidung

Der Gerichtshof weist zunächst auf seine eigene Rechtsprechung hin, der zufolge technische Probleme tatsächlich zu den „außergewöhnlichen“ Umständen zählen können. Allerdings nur dann, wenn ein Vorkommnis nicht Teil des normalen Flugbetriebs ist. Das wäre etwa dann der Fall, wenn ein versteckter Fabrikationsfehler erst nach Inbetriebnahme einer Maschine entdeckt wird oder wenn Sabotageakte oder Terroranschläge Schäden an einem Flugzeug verursachen.

Das trifft im vorliegenden Fall laut Gerichtshof aber nicht zu. Ein Ausfall, der durch das vorzeitige Auftreten von Mängeln an bestimmten Teilen eines Flugzeugs hervorgerufen wurde, stelle zwar ein unerwartetes Vorkommnis dar. Dennoch bleibe ein solcher Ausfall untrennbar mit dem sehr komplexen System zum Betrieb des Flugzeugs verbunden, das oft unter schwierigen Bedingungen betrieben wird, wobei kein Teil eines Flugzeugs eine unbegrenzte Lebensdauer habe.

Daher sei dieses unerwartete Vorkommnis im Rahmen der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens Teil der normalen Ausübung seiner Tätigkeit. Folglich könne ein technisches Problem wie das in Rede stehende nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ fallen, so der Gerichtshof.

Weblink

Volltext des Urteils vom 17.9.2015 (Rechtssache C‑257/14)

(Quelle: EuGH)

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Redaktion

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