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OGH äußert sich zu Hausdurchsuchungen in Kartellverfahren

Betroffene von Hausdurchsuchungen durch die Wettbewerbsbehörde müssen bereits während der Ermittlungen einen Antrag auf Versiegelung von Akten erheben. Im Nachhinein ist das nicht mehr möglich. Dies entschied der OGH in einem aktuellen Fall und nahm darüber hinaus zu weiteren Fragen im Zusammenhang mit Hausdurchsuchungen Stellung.
Von Redaktion
01. Oktober 2012

Die Richter des Obersten Gerichtshof haben in einem aktuellen Fall zu einer kartellrechtlichen Hausdurchsuchung durch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) unter anderem die folgenden Punkte geklärt:

Antrag auf Versiegelung muss rechtzeitig kommen

Für einen Widerspruch gegen eine Hausdurchsuchung und einen Antrag auf Versiegelung von Unterlagen besteht nach Beendigung der Durchsuchung keine gesetzliche Grundlage mehr. § 12 Abs 5 WettbG bezieht sich nur auf den Fall, dass das betroffene Unternehmen die Hausdurchsuchung und Einsichtnahme von Unterlagen bereits während der Hausdurchsuchung nicht gestattet.

Hat die Bundeswettbewerbsbehörde einmal Einsicht in die Unterlagen genommen, Kopien angefertigt usw. und damit die Hausdurchsuchung beendet, kommt ein Antrag auf Versiegelung nach § 12 Abs 5 WettbG nicht mehr in Frage, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich faktisch jedes Dokument angesehen wurde.

Spezielle Aufklärung über Ablauf der Hausdurchsuchung nicht erforderlich

Für den Rechtsschutz des Adressaten eines Hausdurchsuchungsbefehls ist es ausreichend, den Befehl einem vertretungsbefugten Organ zuzustellen.

Ob und wie sich der Adressat des Hausdurchsuchungsbefehls an der Hausdurchsuchung beteiligt, bleibt dessen innerer Organisation überlassen. Besondere Belehrungspflichten der Bundeswettbewerbsbehörde nach den §§ 11a, 12 WettbG bestehen nicht.

Gericht ist für Überprüfung von Hausdurchsuchungen nicht zuständig

Eine gerichtliche Überprüfung der tatsächlichen Vorgangsweise bei Durchführung einer kartellgerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung kommt nicht in Betracht: Die Durchführung einer derartigen Hausdurchsuchung ist eine verwaltungspolizeiliche Maßnahme einer Verwaltungsbehörde. Ob eine Behörde ihre Befugnisse rechtmäßig ausgeübt oder überschritten hat, ist aber vom zustänigen Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) zu prüfen.

Hausdurchsuchung kann der Beweismittelsuche dienen

Das WettbG kennt kein Verbot des Erkundungsbeweises; eine Hausdurchsuchung kann bei entsprechendem Verdacht auch als erstes Instrument zur Gewinnung von Beweismitteln eingesetzt werden. Während ein Auskunftsverlangen nach § 11a WettbG voraussetzt, dass die Unterlagen bereits bekannt sind bzw freiwillig zur Verfügung gestellt werden, darf bei einer Hausdurchsuchung nach § 12 WettbG nach Informationsquellen gesucht werden, die noch nicht bekannt sind, und es darf auch die Vollständigkeit von bereits vorliegenden Beweisen überprüft werden.

(LexisNexis Rechtsnews/ KP)

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