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OGH Urteil zur Dienstnehmerhaftung

Um fast 2,4 Millionen Euro prellte der Prokurist eines Schrotthändlers einen Kunden. Zwei Dienstnehmer des Kunden ermöglichten den Betrug durch grobe Fahrlässigkeit und müssen daher einen Teil des entstandenen Schadens übernehmen. Der OGH präzisierte in einem aktuellen Urteil, welche Maßstäbe bei der Dienstnehmerhaftung anzuwenden sind.
Von Redaktion
26. August 2012

Innerhalb von nur zwei Jahren ergaunerte der Prokurist eines Schrotthändlers mit fingierten Rechnungen knapp 2,4 Mio. Euro von einem Kunden. Zwei Mitarbeiter des geschädigten Kunden machten sich durch grobe Fahrlässigkeit mitschuldig an dem Betrug: Die Aufgabe der beiden Mitarbeiter bestand vor allem darin, bei der Anlieferung per LKW die Schrottmenge zu überprüfen. Nach der Ablieferung des Materials wurden die Lieferpapiere von ihnen abgezeichnet. Der Prokurist überredete sie jedoch, dieses System umzustellen: Die Lieferpapiere sollten nicht schon bei der Anlieferung des Materials, sondern erst nachträglich vorgelegt und abgezeichnet werden müssen.

Auf diese Weise gelang es dem Prokuristen, in den Jahren 2000 bis 2002 1.282 (Schein-)Lieferungen über 29.458 Tonnen Schrott zu fingieren. Dadurch leistete der Kunde Zahlungen in Höhe von über 2,35 Mio. Euro ohne Gegenleistung. Der Prokurist handelte vorsätzlich, die Dienstnehmer grob fahrlässig.

Der OGH hatte über die Schadenersatzklage des Dienstgebers zu entscheiden (OGH 26. 7. 2012, 8 ObA 24/12f). Dieser forderte von den Dienstnehmern die Summe von 587.645 Euro in Form einer Solidarhaftung ein, die Differenz auf den gesamten Schaden sollte vom Drittbeklagten, dem Prokuristen, übernommen werden.

Der OGH stellte nun erstmals klar, dass zwischen den durch das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) privilegierten Arbeitnehmern keine Solidarhaftung anzuwenden ist. Die Höhe der zu leistenden Haftung müsse individuell geprüft werden. Bei besonders hohen Schadensbeträgen ist eine Kontrollrechnung anzustellen, in deren Rahmen auf die sozialen Verhältnisse des Dienstnehmers Bedacht zu nehmen ist. In dieser Hinsicht sei vor allem zu beachten, dass durch die Zahlungspflicht die Existenzgrundlage des Dienstnehmers nicht gefährdet werden dürfe.

Im vorliegenden Fall erwies sich aufgrund der persönlichen Verhältnisse der beiden Dienstnehmer jeweils ein Ersatzbetrag von 60.000 Euro als zumutbar. Ausgehend von dieser Solidarverpflichtung sowohl des Erstbeklagten einerseits als auch des Zweitbeklagten andererseits jeweils mit dem Drittbeklagten in Höhe von je 60.000 Euro errechnete sich somit der weitere, alleinige Haftungsanteil des Drittbeklagten mit 2.230.580 Euro.

(LexisNexis Redaktion, KP)

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