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OGH: Umkleidezeiten in Krankenanstalten sind Arbeitszeit

Der Oberste Gerichtshof hatte zu beurteilen, ob Umkleidezeiten und Wegzeiten von Wäscheaus- und -rückgabestellen bis zum eigentlichen Tätigkeitsbereich in Krankenanstalten als Arbeitszeit anzusehen sind.
Von Redaktion
11. Juni 2018

Die Beklagte betreibt eine Reihe von Landeskliniken. Nach der jeweiligen Anstaltsordnung haben die Dienstnehmer die für ihre Berufsgruppe vorgesehene Dienst- und Schutzkleidung zu tragen. Das Tragen dieser Kleidung außerhalb des Krankenhausareals ist nicht zulässig. Die Dienstkleidung muss vor Arbeitsbeginn angezogen werden. Die gebrauchte Dienstkleidung muss in der Klinik abgelegt werden und darf aus hygienischen und rechtlichen Gründen (Vermeidung von Erregerverschleppung) nicht mit nach Hause genommen werden. Die Dienstkleidung ist ausschließlich durch die Wäscherei des Krankenhauses desinfizierend zu reinigen. In etlichen Krankenanstalten bestehen Zentralgarderoben, zum Teil gibt es Wäscheausgabe- und Wäscherücknahmeautomaten, an denen die Dienstkleidung auszufassen und nach dem Tragen zu entsorgen ist. Die Wegzeiten zwischen den Wäscheautomaten, Zentralgarderoben und Abteilungen betragen im geringsten Fall eine Minute, im längsten Fall 23 Minuten, sonst zwischen zwei und zehn Minuten.

Der Kläger (Zentralbetriebsrat) beantragte die Feststellung, dass die Dienstnehmer Anspruch auf Einrechnung der Umkleide- und Wegzeiten von der Umkleidestelle oder einer Wäscheausgabestelle bis zum dienstlichen Tätigkeitsbereich bzw umgekehrt haben, soweit ihnen das Tragen einer speziellen Dienst- und Schutzkleidung vorgeschrieben und ein An- und Auskleiden außerhalb der Krankenanstalt nicht gestattet ist. Die Veranlassung für das Umkleiden im Betrieb liege ausschließlich in der Aufgabenwahrnehmung der Beklagten.

Die Beklagte bestritt und wandte ein, dass Wegzeiten des Arbeitnehmers von und zum Arbeitsort grundsätzlich nicht als Arbeitszeit zu qualifizieren seien. Sie würden ihn nur in die Lage versetzen, die arbeitsvertraglich geschuldete Pflicht zu erfüllen. Der Zeitaufwand sei vernachlässigbar.

Das Erst- und das Berufungsgericht gaben der Klage statt.

Der Oberste Gerichtshof stellte die gesetzlichen Definitionen der Arbeitszeit sowie seine bisherige Rechtsprechung zu Umkleidezeiten dar (OGH-Urteil 9 ObA 29/18g vom 17.5.2018). Danach ist die Zeit, die ein Arbeitnehmer vor seinem Eintreffen an der Arbeitsstätte zum Anziehen seiner Arbeitskleidung benötigt, im Allgemeinen nicht als Arbeitszeit zu werten. Dies legt aber eine Differenzierung nahe. Dafür schloss er sich einer Stellungnahme an, nach der es darauf ankomme, ob der Arbeitnehmer Handlungen setze, die in zeitlicher und örtlicher Hinsicht nicht Ausfluss seiner eigenen Gestaltung, sondern der Fremdbestimmung durch den Dienstgeber seien. Nur dann liege jenes Mindestmaß an Intensität der Fremdbestimmung vor, die es rechtfertige, von einer Tätigkeit oder Aufgabenerfüllung für den Dienstgeber zu sprechen. Dies treffe auf das Anlegen einer Dienstkleidung in einer Krankenanstalt für Ärzte und Pflegepersonal im Auftrag und Interesse des Dienstgebers zu.

Der Oberste Gerichtshof hob dazu hervor, dass sich hier – anders als in bisher entschiedenen Fällen – die Anordnung des Dienstgebers darauf erstreckt, die Dienstkleidung ausschließlich im Krankenhaus zu wechseln. Damit ist nicht nur das An- und Ablegen der Dienstkleidung als solches vorgegeben, sondern besteht auch eine konkrete räumliche Vorgabe. Das geht über die bloße Möglichkeit des Umkleidens im Betrieb hinaus. Mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung zum Umkleiden vor Ort geht auch die Verpflichtung zum Abholen und Zurückgeben der Dienstkleidung im Betrieb einher. Die Umkleidezeiten und die Zurücklegung der damit verbundenen innerbetrieblichen Wegzeiten wurden hier daher als Arbeitszeit anerkannt.

Quelle: OGH

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