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OGH: Entgeltansprüche eines Arbeitnehmers bleiben trotz unterschriebener Verzichtserklärung bestehen

Die – auch schriftliche – Erklärung eines Arbeitnehmers, auf Ansprüche wie die Auszahlung von Überstunden zu verzichten, ist unwirksam, entschied er OGH – und zwar nicht nur bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern so lange, bis das Arbeitsverhältnis auch wirtschaftlich vollständig beendet ist und sich der Arbeitnehmer in keiner Drucksituation mehr befindet.
Von Redaktion
10. April 2013

Die Klägerin war als Kellnerin tätig und leistete regelmäßig Überstunden, über die sie entsprechende Aufzeichnungen führte. Das Dienstverhältnis wurde einvernehmlich aufgelöst. Zwei Tage später wurde der Klägerin die Endabrechnung übergeben. Gleichzeitig legte ihr der Arbeitgeber eine von ihm vorbereitete Erklärung vor, derzufolge die Klägerin alle Zahlungen erhalten habe und sie auf weitere Ansprüche verzichte. Diese unterzeichnete die Klägerin, begehrte später aber die Abgeltung der von ihr geleisteten Überstunden. Diesem Begehren gaben die Vorinstanzen statt.

Der Oberste Gerichtshof billigte diese Entscheidungen. Er wies darauf hin, dass ein Verzicht auf unabdingbare Ansprüche eines Arbeitnehmers solange unwirksam ist, als sich der Arbeitnehmer in der typischen Unterlegenheitsposition befindet. Wird der Verzicht vom Arbeitnehmer in der Auflösungsphase noch vor der endgültigen Abrechnung bzw. vor Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs erklärt, so ist dieser jedenfalls unwirksam.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass für die Klägerin zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Erklärung (am zweiten Tag nach der einvernehmlichen Auflösung) noch ein wirtschaftlicher Druck bestanden habe, war laut OGH zutreffend, zumal der Beklagte nicht einmal die von ihm abgerechneten Beträge ausbezahlt hatte. Damit lag keine wirksame Verzichtserklärung der Arbeitnehmerin vor.

Ansonsten sei es entscheidend, so die Richter des OGH, ob von einer vollständigen wirtschaftlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesprochen werden kann und die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Vereinbarung nicht mehr ins Gewicht fällt. Die Verzichtserklärung der Klägerin war demnach unwirksam, weil bei Abgabe ihrer Erklärung die abgerechneten Beträge noch nicht einmal ausbezahlt waren.

(Quelle: OGH/ KP)

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