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OGH: Milderungsgründe in Kartellverfahren

Mit bis zu 50 Prozent Abschlägen von Bußgeldzahlungen können Unternehmen rechnen, die sich in einem Kartellverfahren kooperativ zeigen. Der OGH hat anlässlich eines aktuellen Urteils näher definiert, was das heißt.
Von Redaktion
25. November 2010

In einer Entscheidung zu einem aktuellen kartellrechtlichen Verfahren hat der OGH einige Aussagen dazu getroffen, wann Bußgelder und Strafen vom Kartellgericht herabgesetzt werden können. Die rechtlichen Grundlagen dazu sind im § 11, Abs 3 des Wettbewerbsgesetzes sowie in § 30 zweiter Satz Kartellgesetz 2005 festgehalten. § 11, Abs 3 Wettbewerbsgesetz richtet sich an die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und bestimmt das ihr offenstehende Ermessen bei der Behandlung von Kronzeugen. § 30 zweiter Satz Kartellgesetz 2005 besagt, dass die „Mitwirkung an der Aufklärung der Rechtsverletzung“ als Milderungsgrund anzusehen ist.

Das Kartellgericht habe also, so der OGH, bei der Bemessung der Geldbuße die Mitwirkung eines betroffenen Unternehmens an der Aufklärung der Rechtsverletzung als Milderungsgrund zu berücksichtigen. Die Tatsache, dass es sich im konkreten Verfahren um die erste Verfehlung des Unternehmens handelte, lässt der OGH nicht als Milderungsgrund gelten, sollte doch „das Fehlen einer früheren Zuwiderhandlung der Normalfall sein.“

Der OGH hat zu dem Fall unter anderem die folgenden Aussagen zu möglichen Milderungsgründen gemacht:

Mithilfe bei der Aufklärung

Die „Mitwirkung an der Aufklärung der Rechtsverletzung“ als Milderungsgrund kommt nur einem Unternehmen zugute, das einen "spürbaren Beitrag zur Aufklärung der Zuwiderhandlung" geleistet hat. Das heißt, es muss sich gegenüber den Kartellbehörden kooperativ verhalten und sie bei ihren Aufgaben tatkräftig unterstützen. Die vom betreffenden Unternehmen gelieferten Informationen und sein sonstiges Verhalten müssen als Zeichen einer echten Zusammenarbeit angesehen werden können. In Anlehnung an die europäische Praxis von Kommission und Gerichtshof sind Reduktionen je nach Zeitpunkt und Grad der Mitwirkung zwischen 20 und 50 Prozent von der sonst zu verhängenden Geldbuße zu gewähren.

Ausmaß der Kooperation

Mehrere Verfahrensbeteiligte, die gleichermaßen zur Aufklärung beitrugen, sind gleich zu behandeln, sonst ist nach dem Aufklärungsbeitrag abzustufen. Liegen die Voraussetzungen nach § 11 Abs 3 WettbG vor, ist trotz gegenteiligen Antrags der BWB gegebenenfalls keine oder eine entsprechend geminderte Geldbuße zu verhängen.

Dauer des Kartells

Die Dauer einer Zuwiderhandlung ist ein wesentliches Beurteilungskriterium, und es kann als mildernder Umstand berücksichtigt werden, wenn ein Unternehmen die Kartellbehörden darauf hinweist, dass ein Kartell länger gedauert hat als bisher angenommen. Unterbleibt ein solcher Hinweis, kann von einer umfassenden Mitwirkung an der Aufklärung ohne jeden Vorbehalt (die allenfalls den gänzlichen Entfall einer Geldbuße rechtfertigen könnte) keine Rede sein.

Unklare Rechtslage

Eine Geldbuße in nur symbolischer Höhe kann etwa wegen unklarer Rechtslage infolge Neuartigkeit des Falls oder bei bloß fahrlässigem Verhalten verhängt werden.

Größe des Marktes

Der räumliche Umfang des betroffenen Markts, die kumulierten Marktanteile der beteiligten Unternehmen, die Art des Verstoßes und der Grad des Verschuldens sind wichtige Bemessungsfaktoren für die Höhe der Geldbuße.

Juristische Ressourcen des Unternehmens

Der Grad des Verschuldens hängt auch davon ab, inwieweit ein Unternehmen (etwa als Teil eines großen internationalen Konzerns) über juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand sowie Ressourcen verfügt und sein Fehlverhalten leicht erkennen kann.

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