Navigation
Seiteninhalt
Am 12. Juni diskutierte ein hochkarätig besetztes Panel bei PwC Österreich über Nachhaltigkeit und Compliance.
Von Redaktion
13. Juni 2023

Die Compliance-Branche steht vor einer Herausforderung: Die wachsende Regulierung im Bereich ESG (Environmental, Social and Governance) birgt sowohl Risiken als auch Chancen. Das 41. Compliance Netzwerktreffen bot der Compliance Community ein Forum, sich über die relevantesten Fragen in diesem Bereich auszutauschen.  

Der Einladung des LexisNexis Compliance Netzwerks sowie der Netzwerkpartner PwC und Targens folgten rund 100 Gäste. Nach der Begrüßung durch Christian Kurz, Director Forensic Technology Solutions bei PwC, und Matthias Denning von Targens startete die Veranstaltung mit einer Präsentation von WU-Professorin Katrin Hummel.

Studie: Effekte der ESG-Berichterstattung auf Unternehmen

Prof. Hummel stellte einleitend fest: „Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bringt eine deutliche Verschärfung der Berichtspflichten. Es geht dem Gesetzgeber darum, eine Verhaltensänderung der Unternehmen zu erreichen.“ Mit ihrem Team nahm Prof. Hummel die realen Effekte der ESG-Regulierung auf österreichische Unternehmen am Beispiel der EU-Taxonomie unter die Lupe. Zu diesem Zweck analysierte man die Nachhaltigkeitsberichterstattung von 39 großen österreichischen Unternehmen. Ergänzt wurde die Auswertung durch 19 qualitative Interviews mit Vertretern aus den Stakeholdergruppen Wirtschaftsprüfung, NGOs, Nicht-Finanzunternehmen und Finanzunternehmen.

Zu den Auswirkungen der gesetzlichen Offenlegungspflichten gehört laut der Studie, dass sie in den Unternehmen einen Strategieprozess anstoßen. Katrin Hummel: „Es wurde eine Art Wettbewerbsgedanke in Bezug auf Nachhaltigkeit implementiert, ein ‚Race to the Top‘. Die Umgestaltung der Geschäftsmodelle hat bereits begonnen, aber zusätzlicher Druck wird als notwendig erachtet, um die Entwicklung zu beschleunigen.“


Keynote

Univ.-Prof. Dr. Katrin Hummel, Abteilungsleiterin Accounting & Reporting, WU Wien

Podiumsdiskussion: „Ein echter Gamechanger“

Im der anschließenden Podiumsdiskussion vertiefte ein Expertenpanel aus den Bereichen Compliance, Beratung und Interessenvertretung die relevanten Fragestellungen. 

Bernhard Schatz, Senior Manager und Berater zum ESG Reporting bei PwC, berichtete aus der Praxis: „Wir lernen sehr viel in den Projekten mit unseren Kunden. Der Interpretationsaufwand ist nicht zu leugnen. Jedes Unternehmen muss eine eigene Strategie finden, wie es mit dem Thema umgeht.“ Der Gesetzgeber nimmt laut Schatz offenbar in Kauf, dass unterschiedliche Sichtweisen erst in den nächsten Jahren ausjudiziert werden. Einige Unternehmen, die bereits länger berichtspflichtig sind, verstünden ESG-Reporting aber bereits als Differenziator im Geschäftsfeld: „Am Beispiel Energieeffizienz sieht man: Nachhaltigkeit ist auch Business. Die Schwierigkeit besteht darin, Informationen aus hunderten Datenpunkten in die Geschäftspraxis zu übersetzen.“ 

WKO-Juristin Laura Sophie Sanjath sieht die vielfältigen Gesetzesinitiativen aus Brüssel nicht nur positiv: „Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsmaterie, die sich in vielen Rechtsmaterien wiederfindet: Entwaldungsverordnung, Zwangsarbeit, Green Claims, Right to Repair. Die Frage ist, wie diese Themen ineinandergreifen. Die Rechtsakte in Handlungsanweisungen zu übersetzen, stellt für Unternehmen eine große Herausforderung dar. Das System als Ganzes ist nicht kohärent, eher noch ein Dschungel an Regulierung.“ Obwohl die Gesetze vorwiegend auf größere Unternehmen zugeschnitten seien, würden auch KMU indirekt in Pflicht genommen, so Sanjath. Sie rät dazu, sich frühzeitig mit Nachhaltigkeitsberichterstattung zu befassen: „Es geht ganz massiv um Datenmanagement. Meine Hoffnung ist, dass es durch neue KI-Tools und Blockchaintechnologie zu Effizienzsteigerungen kommt und praktikable Lösungen gefunden werden.“ 

Henning Michaelsen brachte die Sichtweise der Compliance in die Diskussion ein. Den Compliance-Beauftragten des Hamburger Kupferherstellers Aurubis beschäftigt vor allem das Anfang 2023 in Kraft getretene deutsche Lieferkettengesetz. Dazu stimme sich die Compliance regelmäßig mit der Nachhaltigkeitsabteilung ab. Noch gebe es viele Rechtsunsicherheiten, so Michaelsen: „Drei Rechtsanwälte haben zur selben Frage drei verschiedene Meinungen.“ Auch in Bezug auf den internen Ressourcenaufwand sei das Thema nicht zu unterschätzten: „Es ist ein echter Gamechanger, jedes Unternehmen sollte darauf achten, dass es personell gut aufgestellt ist.“ 

Vlnr.: Kathrin Hummel, Angelika Stampfel, Henning Michaelsen, Bernhard Schatz,  Patrick Göschl, © cmikkelsen
Vlnr.: Kathrin Hummel, Angelika Stampfel, Henning Michaelsen, Bernhard Schatz, Patrick Göschl

Podium

  • Henning Michaelsen, Head of Compliance, Aurubis AG (virtuell zugeschaltet)
  • Mag. Laura Sophie Sanjath, BA, LL.M., Abteilung für Rechtspolitik, WKO
  • Bernhard Schatz, Senior Manager, PwC
  • DI Angelika Stampfel, MBA MSc, Global Environmental Manager, Lenzing AG
  • Moderation: Patrick Göschl, MA MA, Senior Manager, PwC Forensics Services

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion gab es die Gelegenheit für Networking bei Drinks und Fingerfood, inklusive spektakulärem Blick vom DC Tower über die österreichische Hauptstadt.


Autoren

782_632_LN_Logo_RGB_Primary_Full-Color_Positive.jpg

Redaktion

Die LexisNexis Österreich & Compliance Praxis-Redaktion versorgt Sie regelmäßig mit aktuellen News und Informationen aus der Compliance-Welt. Unser Ziel ist es, Ihre tägliche Arbeit bestmöglich zu ...